Am 31. März 1936 entwickelter Friedensplan (Für Belgien und Frankreich)
1. „Um den kommenden Abmachungen für die Sicherung des europäischen Friedens den Charakter heiliger Verträge zu verleihen, nehmen an ihnen die in Frage kommenden Nationen nur als vollkommen gleichberechtigte und gleichgeachtete Glieder teil. Der einzige Zwang für die Unterzeichnung dieser Verträge kann nur in der sichtbaren von allen erkannten Zweckmäßigkeit fester Abmachungen für den europäischen Frieden und damit für
das soziale Glück und das wirtschaftliche Wohlergehen der Völker liegen.
2. Um die Zeit der Unsicherheit im Interesse des wirtschaftlichen Lebens der europäischen Völker möglichst abzukürzen, schlägt die deutsche Regierung vor, den ersten Abschnitt bis zur Unterzeichnung der Nichtangriffspakte und damit der garantierten europäischen Friedenssicherung auf vier Monate zu begrenzen.
3. Die deutsche Regierung versichert unter der Voraussetzung eines sinngemäßen gleichen Verhaltens der belgischen und französischen Regierung, für diesen Zeitraum keinerlei Verstärkung der im Rheinland befindlichen Truppen vorzunehmen.
4. Die deutsche Regierung versichert, daß sie die im Rheinland befindlichen Truppen während dieses Zeitraumes nicht näher an die belgische und französische Grenze heranführen wird.
5. Die deutsche Regierung schlägt zur Garantierung dieser beiderseitigen Versicherungen die Bildung einer Kommission vor, die sich aus Vertretern der Garantiemächte England und Italien und einer desinteressierten neutralen dritten Macht zusammensetzt.
6. Deutschland, Belgien und Frankreich sind berechtigt, je einen Vertreter in diese Kommission zu entsenden. Deutschland, Belgien und Frankreich besitzen das Recht, dann, wenn sie glauben, aus bestimmten Vorgängen auf eine Veränderung der militärischen Verhältnisse innerhalb dieses Zeitraumes von vier Monaten hinweisen zu können, ihreWahrnehmungen der Garantiekommission mitzuteilen.
7. Deutschland, Belgien und Frankreich erklären sich bereit, in einem solchen Fall zu gestatten, daß diese Kommission durch die englischen und italienischen Militärattachés notwendige Feststellungen treffen läßt und hierüber den beteiligten Mächten berichtet.
8. Deutschland, Belgien und Frankreich versichern, daß sie die sich daraus ergebenden Beanstandungen in vollem Umfange berücksichtigen werden.
9. Im übrigen ist die deutsche Regierung bereit, auf Basis voller Gegenseitigkeit mit ihren beiden westlichen Nachbarn jeder militärischen Beschränkung an der deutschen Westgrenze zuzustimmen.
10. Deutschland, Belgien und Frankreich und die beiden Garantiemächte kommen überein, daß sie, sofort oder spätestens nach Abschluß der französischen Wahlen, unter Führung der Britischen Regierung in Beratungen eintreten über den Abschluß eines 25jährigen Nichtangriffs- bzw. Sicherheitspaktes zwischen Frankreich und Belgien einerseits und
Deutschland andererseits.
11. Deutschland ist einverstanden, daß in diesem Sicherheitsabkommen England und Italien wieder als Garantiemächte unterzeichnen.
12. Sollten sich aus diesen Sicherheitsabmachungen besondere militärische
Beistandverpflichtungen ergeben, so erklärt sich Deutschland bereit, auch seinerseits solche Verpflichtungen auf sich zu nehmen.
13. Die deutsche Regierung wiederholt hiermit den Vorschlag für den Abschluß eines Luftpaktes als Ergänzung und Verstärkung dieser Sicherheitsabmachungen.
14. Die deutsche Regierung wiederholt, daß sie bereit ist, falls die Niederlande es wünschen, auch diesen Staat in dieses westeuropäische Sicherheitsabkommen einzubeziehen.
15. Um dem Werk dieser aus freien Willen erfolgenden Friedenssicherung zwischen Deutschland einerseits und Frankreich andererseits den Charakter eines versöhnenden Abschlusses einer jahrhundertelangen Entzweiung zu geben, verpflichten sich Deutschland und Frankreich, darauf hinzuwirken, daß in der Erziehung der Jugend der beiden Nationen sowohl als in öffentlichen Publikationen alles vermieden wird, was als Herabsetzung,
Verächtlichmachung oder unpassende Einmischung in die inneren Angelegenheiten der anderen Seite geeignet sein könnte, die Einstellung der beiden Völker gegeneinander zu vergiften. Sie kommen überein, eine gemeinsame Kommission am Sitze des Völkerbundes in Genf zu bilden, die beauftragt sein soll, einlaufende Beschwerden den beiden Regierungen zur Kenntnisnahme und Ueberprüfung vorzulegen.
16. Deutschland und Frankreich verpflichten sich, im Verfolg der Absicht, dieser Abmachung den Charakter eines heiligen Vertrages zu geben, die Ratifizierung durch eine Abstimmung von den beiden Völkern selbst vornehmen zu lassen. (Sehr demokratisch, was?)
17. Deutschland erklärt sich bereit, seinerseits in Verbindung zu treten mit den Staaten an seiner Südost- und Nordostgrenze, um diese zum Abschluß der angebotenen Nichtangriffspakte unmittelbar einzuladen.
18. Deutschland erklärt sich bereit,
sofort oder nach Abschluß dieser Verträge wieder in den Völkerbund einzutreten. Die deutsche Regierung wiederholt dabei ihre Erwartung, daß im Laufe einer angemessenen Zeit auf dem Wege freundschaftlicher Verhandlungen die Frage der kolonialen Gleichberechtigung sowie die Frage der Trennung des Völkerbundstatus von
seiner Versailler Grundlage geklärt wird.
19. Deutschland schlägt vor, ein internationales Schiedsgericht zu bilden, das für die Einhaltung dieses Vertragswerkes zuständig sein soll und dessen Entscheidungen für alle bindend sind.