Nordrhein-Westfalen hat gewählt, seine schwarz-gelbe Landesregierung entsorgt und ansonsten erst einmal Verwirrung hinterlassen. Damit sind alle großen Wahlentscheidungen für dieses Jahr auch schon gefallen- spannend wirds erst wieder im neuen Kalenderjahr, wenn insgesamt sechs Länder -drei im Westen, drei im Osten- ihre neuen Volksvertretungen wählen. Voraussichtlich wird dadurch nicht nur der Bundesrat durcheinander gewürfelt, auch die Weichen für die Mehrheiten in der Bundesversammlung 2015 werden schon jetzt gestellt- aus diesem Grund dürfte auch der künftige Bundespräsident (vor. Christian Wulff (CDU)) die vor und hinter uns liegenden Landtagswahlen mit Interesse verfolgen. Hier eine kleine Einschätzung für die 2011 folgenden Wahlen aus heutiger Sicht.
Diese Woche: Die Landtagswahl 2011 in Sachsen-Anhalt
In Sachsen-Anhalt (wählt am 20. März 2011) gibt es derzeit vieles, aber keine Wechselstimmung. Gegenwärtig regiert dort Wolfgang Böhmer (CDU) in einer CDU-SPD-Koalition. Linkspartei und FDP bilden die Opposition, wobei die Linksfraktion größer ist als die SPD und rot-rot rechnerisch vor schwarz-gelb liegt. Größere Kontroversen gibt es in Sachsen-Anhalt eher weniger, die Koalition arbeitet geräuschlos zusammen. Allerdings tritt der 74-jährige Böhmer, der in der aktuellen Regierung als Integrationsfigur zwischen CDU und SPD gilt, 2011 aus Altersgründen nicht mehr an. Insbesondere die Linkspartei erhofft sich dadurch eventuell einen Lagerwechsel der SPD und eine Regierungsbeteiligung unter einem Ministerpräsidenten Wulf Gallert (Die Linke).
Die neue Landesregierung wird dabei vor ähnlichen Herausforderungen stehen wie schon die alte: Sachsen-Anhalt ist als ländliches Bundesland eher strukturschwach. Der Gliedstaat leidet unter dem demographischen Wandel und dem Fortzug der jungen, qualifizierten Bevölkerung; zudem ist die Arbeitslosenquote eine der höchsten in der Bundesrepublik. Größere Ballungsräume gibt es lediglich um Magdeburg und Halle, das zum Großraum Leipzig gehört.
Derzeitige Prognose für 2011:
Der neue Landtag
- Keine maßgeblichen Veränderungen der Mehrheitsverhältnisse
- CDU bleibt stärkste Kraft (30-35%) knapp vor der Linken (28-33%), SPD dahinter (20-25%)
- Eventuell Einzug der Grünen in den Landtag (4-7%)
- Wiedereinzug der FDP aufgrund der kriselnden Bundespartei aus heutiger Sicht sehr kritisch (4-7%)
- Einzug rechter Parteien noch völlig unklar, da die Auswirkungen der geplanten Fusion von NPD und DVU noch nicht abzusehen sind.
- Piraten und sonstige Parteien chancenlos
Die neue Regierung
- Option 1: Fortsetzung der CDU-SPD-Koalition unter einem christdemokratischen Ministerpräsidenten (wahrscheinlich)
- Option 2: Bildung einer Linksregierung (rot-rot bzw. rot-rot-grün) unter Führung der Linkspartei (unwahrscheinlich)
Aller Voraussicht nach wird die SPD wie schon in Thüringen 2009 das Zünglein an der Waage bilden und daher entscheiden, wer die neue sächsisch-anhaltinische Regierung anführen darf. Da die SPD bisher immer auf ihrem Führungsanspruch im linken Lager bestanden und so linke Ministerpräsidenten bisher immer verhindert hat, scheint eine Fortsetzung der schwarz-roten Koalition wahrscheinlich. Denkbar wäre zwar auch das gescheiterte „Thüringer Modell“ von 2009- in diesem Fall würde die SPD eine übergroße rot-rot-grüne Regierung anführen, obwohl die Linke deutlich stärker im Landtag vertreten wäre. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass ein solches Angebot für die Linkspartei, vom Gestaltungswillen beseelt und mit dem festen Ziel, stärkste Partei werden zu wollen, tragbar ist. Aus diesem Grund scheint auch eine Wiederbelebung des Magdeburger Modells (Tolerierung einer SPD/Grünen- bzw. SPD-Minderheitsregierung durch die PDS 1994-2002) ausgeschlossen.
Letzte Wahlergebnisse
Landtagswahl 2006 (Wahlbeteiligung: 44,4%)
CDU: 36,2%
Linke.PDS: 24,1%
SPD: 21,4%
FDP: 6,7%
Grüne: 3,6%
DVU: 3,0%
Sonstige: 5,0%
Europawahl 2009 (Wahlbeteiligung: 37,8%)
CDU: 29,1%
Die Linke: 23,6%
SPD: 18,1%
FDP: 8,6%
Grüne: 5,4%
Sonstige: 15,2%
Bundestagswahl 2009 (Wahlbeteiligung: 60,5%)
Die Linke: 32,4%
CDU: 30,1%
SPD: 16,9%
FDP: 10,3%
Grüne: 5,1%
Piraten: 2,4%
NPD: 2,2%
Sonstige: 0,6%
Fazit: In Sachsen-Anhalt wird nicht viel passieren. Das Land erhält aber in jedem Fall einen neuen Ministerpräsidenten. Zudem wird die SPD mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch der folgenden Landesregierung angehören.
Nächste Woche: Die Landtagswahl 2011 in Rheinland-Pfalz