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„Es sind wenig Leute unterwegs…“, sagte Arreh mehr zu sich selbst während er mit Skalkre durch einen Wald schlenderte. Der Krek nickte. „Es wird langsam Zeit unsere Jagdgründe auszudehnen, doch solange dieser Niridas in der Gegend ist sollten wir uns noch zurückhalten.“
Arreh verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf und verfolgte die über den Himmel ziehenden Wolken. „Was hast du noch über ihn herausgefunden?“
„Nicht viel. Die meisten Krek sind davon überzeugt ihn in der Luft auseinander nehmen zu können. Allerdings scheint der Anführer einer südlichen Horde verschwunden zu sein nachdem Niridas in seinem Gebiet aufgetaucht war.“ Skalkre schwieg einen Moment bevor er zischelnd hinzufügte: „Er ist kein Gegner mit dem wir uns anlegen sollten…“
Im selben Moment stoppte Arreh abrupt und auch Skalkre bliebt stehen um zu lauschen. Dann verschwand der Krek ziemlich schnell in einem Gebüsch. Er huschte rasant durch den Wald, den Körper so dicht wie möglich am Boden.
Schließlich lichtete sich der Wald etwas und gab den Blick auf einen breiten Weg frei. Skalkre verblieb in der relativ sicheren Deckung des Dickichts und spähte hinaus. Zwei Soldaten standen neben einem beschädigten und voll beladenem Holzkarren. Ein Zugpferd oder etwas ähnliches war nicht zu sehen. Einer von ihnen war den Rangabzeichen nach zu urteilen Hauptmann und besah sich gerade den Schaden.
Dann schickte er den anderen Soldaten fort um Hilfe zu holen und schlug fluchend gegen das Holz. „Warum ausgerechnet jetzt?“, fragte er sich selbst und lehnte sich schließlich an den Karren um abzuwarten.
Skalkre zog sich indes zurück. Vorsichtig streifte er durch das Unterholz. Diese beiden Soldaten stellten eine verlockende Beute dar, doch etwas stimmte den Krek misstrauisch. Allerdings geschah nichts noch hörte Skalkre etwas Verdächtiges auf dem Rückweg. Auch Arreh stand immer noch recht entspannt an der Stelle wo er ihn verlassen hatte und fragte ihn mit einem gelangweilten Gesichtsausdruck: „Und?“
„Zwei Soldaten deren Wagen ein Rad gebrochen und das Zugpferd getürmt ist. Einer von ihnen ist auf dem Weg um Hilfe zu holen.“, gab Skalkre Auskunft. „Klingt doch gut…“, sagte Arreh und knackte mit den Fingern. „Wen holen wir uns zuerst?“ „Keinen.“, legte Skalkre fest und erntete dafür nur einen verständnislosen Blick.
Doch noch ehe Arreh antworten konnte wurde eine andere Stimme hinter den beiden laut: „Bedauerlich. Der Hauptmann brannte darauf an der Jagd teil zu nehmen.“ Sofort drehten sie sich herum und machten sich auf einen Angriff gefasst. Ihnen gegenüber stand nun ein Mann, dessen Körper von einem Umhang verdeckt wurde und so keine konkreten Rückschlüsse auf seine Ausrüstung zuließ. Den Beschreibungen nach die Skalkre und Arreh zu Ohren gekommen waren handelt es sich dabei um Niridas.
„Es war reichlich schwer euch zu finden, zumindest solange ihr zusammen wart.“ Noch ehe der Jäger mehr sagen konnte ließ Skalkre seinen Schwanz einmal laut auf den Boden donnern, sprang herum und floh gemeinsam mit Arreh in den Wald. Niridas verzog kurz das Gesicht und setzte den beiden sofort nach.
„Zum Wagen…“, fauchte Skalkre Arreh zu während er noch schneller wurde. Selbst Arreh, der ziemlich gut im rennen war konnte nicht mit dem Krek mithalten. Schnell war er aus der Sichtweite des Jungen der dafür allerdings Niridas um so deutlich hinter sich hörte.
Hauptmann Flex saß immer noch ungeduldig auf dem Karren, den sie als Köder verwendeten, doch bislang hatte sich noch niemand gezeigt. Er war sich absolut nicht sicher ob Niridas ihn wirklich eingeweiht hatte oder mit dieser Aktion einfach nur ruhig stellen wollte. Nachdem sie die Falle fertig gestellt hatten waren alle Jäger in unterschiedlichen Richtungen im Wald verschwunden.
Doch seine Gedanken wurden jäh unterbrochen als ein Schatten krachend aus den Büschen brach und wie der Blitz an ihm vorbeischoss. Sofort war Flex aufgesprungen doch von dem Wesen fehlte jede Spur. „Verflucht!“, knirschte er und sprang auf den Boden.
Nur wenige Minuten später hörte er erneut Laufgeräusche und zog sein Schwert. Ein junger, verwildert aussehender Mann stürzte diesmal hervor. Flex stellte sich ihm in den Weg doch noch ehe er den Mann wirklich zu fassen bekam traf ihn ein harter Schlag von der Seite und ließ ihn gegen den Holzwagen stürzen.
Hastig rappelte er sich wieder auf und konnte gerade noch sehen wie der fremde Mann wieder im Wald verschwand währenddessen Niridas zum Vorschein kam. Das Geräusch von splitterndem Holz hinter sich ließ den Hauptmann nach vorne hechten. Eine richtige Entscheidung denn kurz darauf kippte der Karren um und verteilte seine Ladung über den Weg.
Ebenso erkannte er einen Krek hinter den Überresten der nun ebenfalls weitersprintete. Niridas selbst kümmerte sich wenig darum und wich den Hindernissen ohne große Probleme aus. Er sprang aus dem Lauf auf den umgestürzten Wagen um sich noch einmal kräftig abzudrücken. Als er sich am höchsten Punkt seines Sprunges befand zückte er eine Art Waffe, die im groben aus einem Metallrohr mit einem Holzgriff bestand. Begleitet von einem lauten Krachen und aufblitzenden Flammen feuerte er daraus etwas ab was im Gebüsch einschlug.
Daraufhin schien in dem kleinen Wald die Hölle loszubrechen. Qualmend und donnernd züngelten Flammen auf. Von überall her hallten Explosionen durch den Wald und wandelten die vorher friedliche, grüne Umgebung in ein Meer aus Feuer und Rauch. Das Inferno stieß wie in Speer in den Wald hinein, in jene Richtung in die Arreh und Skalkre geflohen waren.
Niridas landete inzwischen wieder auf dem Karren und erhob sich wie ein Ruhepol in all diesem Chaos. Er ließ die Waffe wieder unter seinem Umhang verschwinden und starrte in die Flammen. „Wir haben sie aus den Augen verloren…“, säuselte er leise.
Die Flammen wüteten noch bis tief in die Nacht hinein ehe sie erloschen. Niridas hatten mit seinen Leuten das Feuer soweit in Schach gehalten, dass ein grossteil des Waldes verschont blieb. Danach hatten sie sich ins Gasthaus zurückgezogen während Flex mit einigen Soldaten die Asche nach Überresten durchsuchte. Er konnte nicht glauben, dass jemand dieses Inferno überlebt hatte und doch konnten sie keine Leichen finden.
„Sind wir nicht langsam weit genug entfernt?“ Keuchend sackte Arreh auf den Boden. Rechts von ihm erhob sich zaghaft und verschwommen die Sonne aus ihrem Schlaf und tauchte alles in ein diffuses rotes Licht. Skalkre zischelte und wandte sich nervös hin und her, schien aber nichts gegen eine Pause sagen zu wollen.
„Was ist da überhaupt passiert? Der ganze Wald ist in Flammen aufgegangen… und wie genau sind wir da überhaupt heil raus gekommen?“, fragte sich Arreh während er laut schnaufend im Gras saß.
„Wir hatten Glück…“, knurrte der Krek und setzte sich ebenfalls. „Und das sagt uns schon, dass wir uns nicht mit diesem Niridas anlegen sollten wenn schon unsere Flucht vom Glück abhängt…“ „Wenn wir direkt mit ihm gekämpft hätten…“, wollte Arreh einwenden, doch Skalkre fauchte ihn nur aggressiv an: „Wären wir gestorben. Diese Jäger mögen wenige sein, aber sie kämpfen mit außergewöhnlichen Waffen. Sie hatten im ganzen Wald diese Bomben verteilt.“ Der Krek ließ ein kugelförmiges Gebilde aus Fellen zu Boden fallen wo es unscheinbar liegen blieb. Aus mehren Löchern rieselte Pulver hervor.
„Werden sie uns verfolgen?“, fragte Arreh nun während er beobachte wie der Pulverstrom versiegte. „Solange wir im Grenzland sind müssen wir damit rechnen…“ Skalkre blickte bei diesen Worten nachdenklich nach Norden. Arreh hatte mit der Zeit gut gelernt in dem Ausdruck eines Kreks zu lesen und dennoch war er sich nicht sicher, da er seinen Vater nie so zögerlich erlebt hatte.
„Sie sahen sich ziemlich ähnlich…“, dachte Skalkre doch viel mehr beschäftigte ihn der Weg, der nun vor ihnen lag. „Solange wir im Grenzland sind…?“, wiederholte Arreh und schaute unschlüssig zu Skalkre. Die Länder der Menschen konnte keine Zuflucht bieten und somit blieben nur die Territorien der Krek. Allerdings war ein Mensch innerhalb der Krek Heimat genauso gut aufgehoben wie ein Huhn inmitten eines hungrigen Wolfrudels.
Skalkre wandte langsam seinen Kopf und blickte mit allen vier Augen auf Arreh. Er schien im Gesicht des Mannes irgendetwas zu suchen, dass ihn bestätigen könnte. „Ich habe deine Wunde ziemlich oft mit meinem Blut versorgt…“, zischelte er langsam. Ruckartig packte er plötzlich Arrehs rechten Arm und zog vorsichtig mit seiner linken Klaue darüber. Die Krallen schnitten sich nicht tief hinein doch Arreh zuckte dennoch überrascht zusammen: „Autsch… was soll das denn jetzt?“
Dem festen Griff des Krek konnte er sich dennoch nicht entwinden der nun gespannt auf die kleine Wunde starrte und eine Antwort vorerst schuldig blieb. Seltsamer weise blutete sie nur äußerst kurz und es schien bereits ein Heilprozess einzusetzen. „Gegen Abend…“, krächzte Skalkre und ließ los. „Wir ziehen nach Norden.“, verkündete er und lief los. Arreh konnte sich absolut keinen Reim auf dieses Verhalten machen, sprang aber auf und folgte ihm.
Skalkre hatte beschlossen das Grenzland hinter sich zu lassen und tief in die Heimat der Krek vorzustoßen. Sie würden sich nicht im Gebirge verbergen und darauf hoffen von den anderen Krek nicht entdeckt zu werden. Am Abend machten sie eine kurze Rast, doch Arreh war inzwischen klar, dass eine beschwerliche Reise vor ihnen stand und er wohl kaum auf längere Pausen hoffen konnte. Zu seinem Erstaunen stellte er dabei fest, dass die Wunde an seinem Arm inzwischen vollständig verheilt war, obwohl Skalkre ihn überhaupt nicht behandelt hatte.
Sein Ziehvater bemerkte dies natürlich ebenfalls und schien zufrieden zu sein, aber auch immer noch unsicher. „Das Blut vermischt sich und damit bist du ein wenig näher an einem Krek als normale Menschen. Und für den Schwarm zählt nur das Blut…“, begann er und legte sich angespannt zu Boden.
„Der Schwarm?“, fragte Arreh verwundert. Skalkre hatte ihm nie wirklich viel über die Krek erzählt. Er schien nicht viel mit seinem Volk zu tun haben zu wollen. Arreh wusste nur, dass die Krek im Gebirge in so genannten Horden zusammenlebten. Allerdings zählten nur die wenigsten mehr als 100 Individuen.
Skalkre gab ein Seufzen ähnliches schnaufen von sich, dann fuhr er fort: „Die Gesamtheit aller Krek bildet den Schwarm. Am Rande unserer Heimat splittert sich mein Volk zwar in die Horden auf und rivalisieren untereinander aber im Grunde bleiben wir immer verbunden und wir würden niemals in tief greifende Kämpfe untereinander verfallen. Den Menschen gehört die eine Hälfte dieses Kontinentes im Osten. Hinter diesen Bergen liegt eine weite Ebene in deren Zentrum ein alter Krater aus dem Boden emporsteigt. Dort liegt die Wiege der Krek, das Herz des Schwarms. Wir nennen diesen Ort auch Brunnen des Anfangs und dort…“, Skalkre schnaufte erneut, „… dort leben die Urmütter. Jene die uns das Leben schenkten und unsere wahren Anführer sind. Sie gründen neue Horden und erwählen deren Anführer.“
Arreh schwieg und war dabei diese neuen Informationen in sich aufzunehmen. Doch er verstand noch nicht warum sie sich so weit zurückziehen mussten und Skalkre schien diesen Zweifel zu spüren. „Niridas wird nicht für immer im Grenzland bleiben aber er wird zurückkehren sobald wir es tun. Ich glaube nicht, dass er vergisst oder überhaupt vergessen kann. Aber um im Kampf gegen ihn zu bestehen müssen wir… muss… ich… mit den Urmüttern sprechen. Im Gebiet der Horden müssen wir Übergriffe fürchten da man uns wohl als leichte Beute ansehen wird. Innerhalb des Schwarms jedoch zählt nur das Blut auch wenn es schwach sein mag.“
Mit diesen Worten erhob sich Skalkre wieder und wandte sich langsam zum gehen. Arreh folgte seinem Beispiel auch wenn er noch nicht alles genau verstand. Er fragte sich wer oder was die Urmütter waren oder welche Hilfe sie von ihnen erhalten könnten. Und fast sogar etwas mehr beschäftigte ihn die Frage warum Skalkre so zögerlich wurde wenn es um diese Urmütter ging.