Kapitel 1
Roadkill – Prolog (Abschnitt 1)
Finster war die Nacht und der sanfte Abendwind blies ihnen ins Gesicht und ließ die Äste der Bäume des Parks sachte schaukeln. Weder der Mond, noch ein Stern oder gar ein anderer Himmelskörper zeigte sich am Himmel und einzig ihre flackernden Fackeln erleuchteten die Nacht. Selbst die Laternen waren um diese Uhrzeit abgeschaltet, so dass sie eine tiefe Finsternis umgab, die ihre Herzen einnahm und sie zu verschlingen drohte, so kam es ihm zumindest vor. Sie waren neun in schwarze Kutten verhüllte Gestalten und er, Johnny Wrath, war einer von ihnen. Sie alle hatten sich hier zusammengefunden, um ein geheimes Ritual abzuhalten und einen Dämonen zu beschwören, doch das Seltsame daran war, dass jeder von ihnen ein Student der Harvard University war und eigentlich wesentlich besseres zu tun gehabt hätte, als derartigen Mist zu verzapfen. Er selber studierte Medizin und gehörte zu den Besten seines Lehrgangs, wieso er sich auf diesen Blödsinn überhaupt eingelassen hatte, wusste er nicht. Er vermutete es lag an seiner viel zu großen Neugierde, sicher war er sich aber nicht und obwohl keiner von ihnen so richtig an einen Erfolg glaubte, wusste er, dass diese Nacht alles verändern würde. Sein Körper erzitterte und er spürte wie die Nervosität einen Knoten in seinem Hals bildete. Auch seine Verlobte, Mary war ihr Name, spürte dies. Sie legte ihm sanft ihre Hand auf die Schulter und schenkte ihm ein warmes Lächeln, welches er glücklich erwiderte ohne das sie ein Wort miteinander wechselten, denn dies würde zum sofortigen Scheitern des Rituals führen, dies behauptete zumindest ihr selbsternannter Anführer, der sich aufgrund seiner Studien mit diesem magischen Firlefanz beschäftigt hatte.
Sein Freund und Studienkollege, Stephen, hatte bereits alles für das Ritual vorbereitet. Ein riesiges Pentagramm zierte den Boden und an jedem Ende war ein Fackelhalter angebracht, für jeden von ihnen einer.
Er seufzte, was machte man nicht alles, um einem Freund einen Gefallen zu tun? Er beschloss, dass dies aber das letzte Mal sein würde - nie wieder würde er sich zu solch einer hirnrissigen Idee verleiten lassen! Stephen sollte sich gefälligst einen anderen Idioten für diesen Mist suchen!
Plötzlich spürte er einen Stich in seiner Seite, augenblicklich zuckte er erschrocken zusammen und gab sich die allergrößte Mühe vor Schreck keinen Laut von sich zu geben. Er warf einen gehetzten Blick zur Seite und erblickte einen der übrigen acht Kuttenträger, der ihm den Ellenbogen in die Seite gerammt hatte und ihn nun wütend anschaute. Anscheinend hatte er mal wieder zu sehr in Gedanken geschwelgt und darüber den Ablauf des Rituals vergessen. Er signalisierte ihm mit einer knappen Handbewegung, dass er ihn in Ruhe lassen solle, er habe ja verstanden und würde seinen Platz schon noch einnehmen.
Ebenso wie die anderen, stellte nun auch er seine Fackel in die dafür angebrachte Halterung und dann begann Stephen, der dieses Ritual leitete, einen seltsamen Singsang. Soweit Johnny mitbekam, handelte es sich um einen lateinischen Spruch, da er aber aufgrund des vielen Prüfungsstresses keine Zeit gehabt hatte diesen zu lernen, beließ er es im Gegensatz zu allen anderen bei simplen Lippenbewegungen und tat so als würde er sich ebenso für dieses Ritual interessieren wie jeder andere auch. Der Stimmchor schwoll an, lauter und lauter wurde er und allmählich spürte selbst Johnny wie ihm immer mulmiger zumute wurde, irgendetwas stimmte hier nicht!
Stephen hob seine Arme empor und auch die übrigen taten es ihm nach, doch einzig und alleine Johnny war starr vor Angst, er konnte sich nicht rühen. Er spürte, dass etwas auf sie zukam, sie hatten etwas entfesselt, keiner der anderen ahnte etwas davon, doch er wusste, das in der Finsternis da draußen etwas auf sie wartete und sie zu verschlingen drohte! Er wankte hin und her, dann brach er in die Knie. Furcht übermannte ihn und nahm seine Gedanken vollkommen in Besitz. "Was ist nur mit mir los?", dachte er entgeistert, als plötzlich ein Schrei die Stille der Nacht durchbrach und das Ritual unterbrach.
„Johnny!“, kreischte Mary und begann ihren Posten zu verlassen.
„MARY! NEIN!“, krächzte Johnny. „Bleib wo du bist!“ Schiere Furcht erfüllte sein Herz und plötzlich geschah das Unerwartete, ein greller Blitz schlug inmitten des Pentagramms ein. Die Hitze, die von diesem ausging war atemberaubend und das im wahrsten Sinne des Wortes. Johnny stockte der Atem und er spürte wie ihn die Spannung erfasste. Er spürte ein Knistern über seinen Körper laufen und fühlte wie die Elektrizität in ihn eindrang.
Ein grelles Licht erstrahlte und er hörte laute Schreie, ob er selber auch mit schrie, vermochte er nicht mehr zu sagen. Es war ihm in diesem Moment auch egal, denn er spürte nur noch diesen furchtbaren Schmerz, der seine Welt nun vollständig einnahm und alles andere ausblendete. Er wollte einfach nur sterben, denn er glaubte, dass nicht nur sein Leib, dessen Kopf schier zu zerspringen schien, sondern auch sein Geist und seine Seele unendliche Qualen bereitet wurden. Und so plötzlich wie es gekommen war, erlosch das Licht und mit ihr auch der Schmerz.
Johnny war schwarz vor Augen, er blinzelte. Einmal. Zweimal und schließlich ein drittes Mal und mit jedem Mal wurde sein Blick wieder ein wenig schärfer. Er war in die Knie gebrochen, doch er schien noch zu leben, zumindest hoffte er das. Als sein Blick sich wieder etwas geklärt hatte, schaute er sich um und augenblicklich wünschte er sich, er hätte es nicht getan. Der Boden war bedeckt mit acht Pfützen roten Blutes und an jeder Spitze des Pentagramms lagen schwarze, verkohlte Körper von denen noch Rauch aufzusteigen schien. Johnny, der nicht gemerkt hatte, dass er sich vor Entsetzen in die Hosen gemacht hatte, kroch nun langsam zu dem Körper, der nun an der Stelle lag, wo seine Verlobte zuvor gestanden hatte.
Er streckte zögerlich die Hand aus, Tränen liefen über sein Gesicht, doch er traute sich nicht sie zu berühren, um der Erkenntnis zu entgehen, dass dies kein Traum, sondern Realität war. Er wollte nicht glauben, was ihm soeben passiert war. Der Schmerz um den Verlust seiner Verlobten und seiner Freunde schienen ihn zu übermannen, noch immer konnte er das Geschehene nicht fassen. "Konnte das wirklich wahr sein?", dachte er. "War dies wirklich kein Traum?"
Plötzlich vernahm er ein kaltes Lachen hinter sich. Erschrocken zuckte er zusammen und begann sich langsam umzudrehen. „Du kannst nichts für sie tun, sie sind tot. Akzeptiere es endlich.“, wisperte eine kalte, grausame Stimme.