Nevergames
NEVERGAMES
PROLOG:
Unser Leben ist ein Spiel, nichts weiter als ein Spiel…
Einst sagte er diese weisen Worte zu mir. Er, der immer mein Vorbild gewesen war. Heute ist wieder dieser Tag. Niemand stand an seinem Grab, denn keiner wusste wo es war. Ich wünschte, ich wäre damals mitgekommen. Vielleicht wären wir dann noch zusammen. Aber er hat mir diese Gedanken verboten. In dieser Welt, sagte er, muss jeder um sein Leben kämpfen. Wir kämpfen nun schon so lange. Er hatte noch den Tag des Anfangs miterlebt.
Der Tag an dem der Gesandte des Anfangs herabstieg und das Spiel einläutete. Wie viele Menschen mussten damals sterben? Er war ein Held gewesen. Er und einige andere hatten die Menschheit verteidigt. Oder das was davon übrig blieb…
Er hatte auch die Regeln verfasst, ohne die wir dieses Spiel nicht bestreiten könnten. Er hat so viel für uns getan…
Und trotzdem hat das Schicksal ihn einfach eingefordert. Heute ist dieser Tag. Sein Denkmal steht zwar in seiner Heimat, aber er ist in diesem Land verschwunden. Ich muss jedes Mal wieder an ihn denken wenn ich in Ägypten bin. Er mochte dieses Land. Ein paar Mal hat er mich mitgenommen. Und wenn nicht, wusste er immer die spannendsten Geschichten zu erzählen…
Das ganze ist mittlerweile 7 Jahre her. Kein besonderes Jubiläum, aber ein Todestag wie jeder andere, düster und traurig. Trotzdem bleibt keine Zeit für Trauer. Wir müssen das Spiel weiter und weiter spielen!
Hatte er das Spiel verloren? Oder war er nur eine Figur unter vielen in diesem Leben?
So wie ich auch…
Tagebucheintrag vom 23.8.3011
Kapitel 1: Die Slums um Noah
Mako fiel mit dem Gesicht voran in den kalten, stinkenden Schlamm, der die Straßen von Neu-Noah überzog. Diese Stadt hatte nicht nur einen dreckigen Fußboden, sondern auch Häuser aus Müll und Menschen ohne Hoffnung. Dies waren die Slums um die Metropole Noah, eines der letzten Zufluchtsgebiete der Menschheit. Doch so glücklich zu sein in Noah selbst zu wohnen war nur wenigen vergönnt, denn es gab noch viele Menschen auf der Erde und selbst eine so riesige Stadt konnte nur einen geringen Teil davon beherbergen. Trotzdem war das Leben hier einigermaßen sicher, dafür hatten mitfühlende Seelen da oben gesorgt. Ja, wie oft sahen die Seelen Neu-Noahs hoch zu ihrem Zentrum, das nachts leuchtete wie die Sonne im Zentrum eines Planeten. Was sie alles tun würden um ihr Leben, ja sogar nur einen Tag dort zu verbringen. Doch alles kämpfen half meist nichts. Sie wussten, wie sinnlos es war zu versuchen durch Fleiß und Mühe zu dem zu gelangen, was sie das Paradies auf Erden nannten. In dieser Welt zählte nur eines: Glück. Und genau das war es, was Mako in diesem Moment fehlte.
Trotz der Schmerzen und den Tränen in seinen Augen wühlte Mako hastig durch den Schlamm um die Papierkarten, die vor ihm zerstreut lagen, einzusammeln, bevor es die hämisch lachenden Jugendlichen um ihn herum taten. Sie waren sein Ein und Alles, seine Vergangenheit und seine Zukunft, so wie für viele der armen Kinder dieser Gegend. Er musste sie verteidigen, koste es was es wolle! Einer der älteren Fieslinge spottete: „Du hast ja wohl am wenigsten Chancen von allen gottverlassenen Kindern hier ein echter Kartenjäger zu werden. Wenn du jetzt schon so versagst, kannst du am besten gleich ganz Schluss machen! Geh doch raus in die Sonne, wenn du dich so stark fühlst!“
Mako versuchte, die Worte nicht in sich eindringen zu lassen, während er überprüfte, ob alle Karten noch in seinem Besitz waren. Er zählte nach: 37…38…39…?!!! Eine fehlte!
Der Spottende wedelte mit seinem Schatz hin und her, was die Anderen in noch lauteres Gelächter ausbrechen ließ: „Du suchst deinen „Cyber Phönix“? Das tut mir leid, aber das ist leider die einzig brauchbare Karte in deinem Schrotthaufen. Und es gibt welche, die so was besser gebrauchen können als Loser wie du!“
Mako schossen Tränen in die Augen. Wieder war er auf sie hereingefallen. Und schon wieder war sein mühsam zusammengespartes Deck nutzlos. Er wollte grade anfangen zu flehen, zu betteln, überhaupt irgendwas zu sagen, da hörte man einen Knall und alle fuhren zusammen. Mit zorniger Miene stand Gerfried, der Besitzer des Kartenladens, vor dem die Gang Mako aufgelauert hatte, um ihn seiner boosterfrischen Karten zu entledigen. Nach dem ersten Schreck begannen die Jugendlichen die Beine in die Hand zu nehmen, gefolgt von den wütenden Rufen Gerfrieds: „Wenn ihr noch einmal hier auftaucht, mach ich euch alle! Stinkende Brut eines miesen Gauners!“ Als seine Wut abgeflaut war, hörte man nur noch das Schluchzen Makos.
„Nun setz dich erstmal hin, das wird schon wieder.“ Gerfried hatte Mako auf eine Tasse Tee eingeladen. Er wimmerte immer noch, als er sich in den staubigen Sessel niederließ. Der etwas ältere Ladenbesitzer stellte dem Jungen eine Tasse hin und sagte: „Aber die hättest du doch vorher schon bemerken müssen. Hättest du mir etwas gesagt, hätte ich sie verjagt, bevor sie dir eine Karte klauen. Und auch noch eine so Gute. Du bist echt nicht von Fortuna gesegnet, mein Junge.“ Bei diesen Worten brachen die Tränen wieder aus Mako heraus. „Oh nein, tut mir Leid!“, entschuldigte sich Gerfried, „Ich weiß, wie viel euch diese Karten bedeuten.“ Nachdem er das Wasser aufgesetzt hatte, ließ er sich in den gegenüberliegenden Sessel fallen. Trotz der ärmlichen Verhältnisse in Neu-Noah war sein Zimmer ziemlich gemütlich eingerichtet und dafür, dass er alleine wohnte gut aufgeräumt, wenn auch etwas zu staubig. Für Mako war so eine Umgebung recht ungewöhnlich, so fühlte er sich zu aller Trauer auch noch fehl am Platz. Gerfried verdiente als Kartenhändler natürlich nicht schlecht. Sein Beruf gehörte zu den Angesehensten der Slums und er war nun fast achtzehn Jahre im Geschäft. Kartenläden waren hier so wichtig wie Schulen und Krankenhäuser. Sie brachten die Karten, die oben in Noah gedruckt worden unter die Leute. Und es waren nicht nur mehr diese bunten Spielkarten mit den komischen Bildern drauf, die man sammeln und gegeneinander kämpfen lassen konnte. Sie waren sowohl Macht als auch Reichtum. Sie waren die Währung, man konnte alles für sie bekommen. Die Menschen in den Slums, die sich nicht direkt das Essen und die Unterkunft durch ihre Arbeit verdienten, besorgten sich dies durch diese Stück Papiere. Es gab keine Münzen mehr, keine Scheine. Die Karten wurden absolut fälschungssicher in Noah gefertigt. Ohne sie lief hier unten nichts! Aber warum waren diese „Spielkarten“ so wichtig für die Leute hier? Nun, sie waren die Eintrittskarten in die Welt von oben. Nicht nur Noah, sondern darüber hinaus!
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Tolle Karte!