Vorweg möchte ich nur mal all jene, die meine bisherigen Geschichten gelesen haben, darauf aufmerksam machen, dass dies ein Experiment ist. Dies wird meine erste FF sein, die ich zu 90% aus der Ich-Perspektive schildern werde. Des Weiteren ist dies eine Kurzgeschichte, die nicht wie üblich in Blut ertrinken, sondern mehr auf emotionaler Basis beruhen wird.
Ich hoffe dennoch, dass sie euch gefallen wird, auch wenn sie mal gänzlich von dem üblichen Kram abweicht.
Ach ja! Die einzelnen Kapitel, es werden 8 Stück an der Zahl sein (Prolog und Epilog nicht mitgezählt), erhalten allesamt eine Überschrift, die einzelne Strophen eines Gedichtes bilden werden, welches erst gegen Ende vollständig da stehen wird und ohne die Geschichte keine eindeutig zu bestimmende Deutung hat.
Das wäre es soweit von meiner Seite. Ich wünsche euch viel Spaß mit:
Leidenschaft ist das was Leiden schafft - Prolog
Jahre kommen und gehen, Freunde kommen und gehen, Emotionen kommen und gehen.
So vieles ist vergänglich und bereitet dem Menschen Kummer und Leid. Stets war ich allein, denn der Verlust einer geliebten Person ist niemals schön, doch auch die Einsamkeit zu erdulden und sie zu tragen ist ein schweres Los, welches nicht jeder Mensch zu bürden in der Lage ist. Oft dachte ich daran wie es wäre dazuzugehören, mit den anderen zu lachen und zu scherzen, dennoch hielt ich mich stets zurück, blieb im Verborgenen und für mich allein. Gewiss, es war und es ist noch immer keine schöne Zeit, doch im Laufe der Zeit sah ich mich nicht mehr als Teil eines großen Ganzen, sondern als Einzelkämpfer, der wie ein einsamer Wolf durch den kalten Winterwald streift, aber was aus diesem Geschöpf werden sollte, wenn er stets den Rudeln anderer Artgenossen begegnete, wusste ich nicht.
Für gewöhnlich traf ich auf sie und nach kurzen Höflichkeitsfloskeln, deren Bedeutung für mich mit der des Laubes eines Baumes zu vergleichen war, trennten wir uns auch wieder, zwar im Guten, aber eben nicht in Freundschaft. Jahre, Freunde und Emotionen kommen und gehen, dies dachte ich zumindest bisher und bislang wurde ich auch nie eines besseren belehrt, denn ich war nie darauf erpicht anderen Leuten die Hand zu reichen und hier liegt mein Fehler – einer von vielen.
Freundschaft galt stets als kostbares Gut, aber im Laufe der Zeit und durch reichliche Beobachtungen, oder aber eigene Erfahrungen lernte ich, dass es kaum etwas gab, was zerbrechlicher war, aber ich sollte jene Sache kennen lernen, die leichter zu verlieren, als die Freundschaft ist und auch immer sein wird.
Streckt man seine Hand nach einer kostbaren Vase aus, dann ist man vorsichtig, ja sogar behutsam. Manche Leute zaudern nicht und gehen rabiater mit ihr um und trotzdem widersteht sie den äußeren Einflüssen, aber bei mir war es stets anders. Ich griff danach und wenn dies geschah, dann ging ich an die Sache mit Samthandschuhen ran, was mir aber in keinster Weise half, denn egal ob ich es besaß, oder ich es verlor, es war immer mit Schmerz verbunden.
Stets war ich in Sorge, ob der Gefahr es zu verlieren, und auf der anderen Seite war dann der Verlust, wenn die Vase zu Boden fällt, sie in tausend Scherben zerspringt und ich mich an den Scherben schnitt. Aber es zu besitzen erfüllte mich auch niemals mit Freude, denn mir war stets klar, dass es mir nicht wirklich gehörte. Dieses Etwas ist meine Geschichte.
Kapitel 1 – Hinaus in die bitterkalte Nacht schrie ich meinen Schmerz
Mein Name ist nicht weiter von Bedeutung, denn er ist einer von vielen. Vergänglich und wenn er denn ausgesprochen wird, dann erhält er nur für den Moment in dem er erklingt Beachtung, um bereits wenig später zu verklingen und alles ist, als wäre er nie über die Lippen des einen Menschen gekommen, der nach mir rief und nach mir verlangte. Dennoch will ich ihn nicht verschweigen, denn noch immer hege ich die Hoffnung, dass dieses Manuskript irgendwann in die Hände jener Person gelangen wird, die meine Wege an jenem schicksalshaften Tag, der alles verändern sollte, kreuzte.
Mein Name ist Felix und bedeutet so viel wie „der Glückliche“. Noch heute an jenem Tag, als ich diese Zeilen niederschreibe belächelte ich diese Namenswahl, denn sie war eine Ironie des Schicksals. Wie hätten meine Eltern – Gott sei ihnen gnädig – auch ahnen können, was aus mir werden würde?
Doch ich schweife ab und versinke abermals in Selbstmitleid.
Die Geschichte begann, als ich wie üblich in die Schule ging. Es ist eine christlich evangelische Privatschule und dabei bin ich nicht mal gläubig, jedoch galt sie als die beste hier vor Ort und war deswegen laut meinem Vater die erste Wahl. Es war an sich ein normaler Schultag. Mein Vater fuhr mich, wie üblich, früh morgens mit dem Auto zur Schule und ich verlebte einen gänzlich normalen Schultag, wie üblich.
Der Unterricht ist nicht anders, als an jeder anderen Schule, zumindest auf den ersten Blick. Es gibt auch hier die Arschlöcher, die faulen und auch die coolen Typen von Lehrern wie an jeder anderer Schule, aber der deutlichste Unterschied war wohl die Notenverteilung, denn als ich damals hierher zog war ich sehr überrascht wie leicht es doch war gute Noten zu kriegen. Die Lehrer waren lockerer drauf, meistens zumindest, und die Schüler wirkten ebenfalls kultivierter, aber ich musste binnen eines Jahres erkennen, dass es auch hier an der Schule die selben Arschlöcher wie überall sonst gab.
Private Schulen wurden oft als Eliteschulen angesehen, doch ich sah dies nie so. Meine schulische Laufbahn war nicht gerade bahnbrechend, sondern vielmehr war sie von meiner enormen Faulheit geprägt, denn wozu Leistung zeigen, wenn ich doch immer schon irgendwie durchkam?
Meine Noten wurden zunehmend schlechter und bevor ich hierher kam stand ich plötzlich fünf in Mathe. Ja, so schnell kann es gehen. Das war damals, als ich in die neunte Klasse ging, aber inzwischen bin ich hierher nach Rostock gezogen, da es zu einigen Zwischenfällen mit meiner Mutter und mir kam, aber dies ist eine andere Geschichte.
Meine Noten besserten sich merklich und das obwohl ich immer noch faul wie eh und je bin, aber ganz im Gegensatz dazu blieben meine zwischenmenschlichen Kontakte auf dem Trockenen.
Während ich über dies und jenes im Unterricht sinnierte, warf ich einen Blick auf das Display meines Handys. Es verblieb nicht mal eine Minute bis zum Klingeln, dachte ich zumindest, denn augenblicklich läutete die Schulglocke.
Erleichtert schmiss ich meine Sachen in meine Schultasche, die eigentlich eine schwarze Sporttasche mit weißen Streifen an den Seiten und einem fetten weiß, rotem Logo der Marke Fila war, denn im Laufe der Zeit hatte ich mehr gefallen daran gehabt meine Schulsachen mittels einer solchen Tasche zu tragen, da ich es im Gegensatz zu den meisten anderen Leuten als wesentlich angenehmer empfand diese mittels eines Riemens zu schultern.
Ich warf nur nochmal kurz einen Blick in den Spiegel, der oberhalb des Waschbeckens, wovon sich in so gut wie jedem Raum der Schule mindestens eines befand, angebracht war.
Mir entgegen blickte ein 16 Jahre junger, relativ gut aussehender Mann, der wie üblich einen schwarzen Mantel über einem Hemd, dessen Farbe weiß war, trug. Der Blick meiner Augen, die man mit etwas poetischer Freiheit als kastanienbraun bezeichnen konnte, wurde von mittellangen, ebenfalls braunem Haar, welches mir verwegen ins Gesicht hing, verschleiert.
Ich seufzte auf und fuhr mit der Rechten durchs Haar. Die Frisur saß zwar ideal, aber ein unbekannter Impuls zwang mich dazu es wieder in Unordnung zu bringen. Als mir dies gelungen war verließ ich den Raum. Ich war wie üblich einer der letzten, denn ich ließ mir Zeit und im Gegensatz zu den meisten anderen wartete in der Pause niemand auf mich; ich war alleine.
Und auch heute verbrachte ich meine Zeit nicht anders, zumindest bis ich auf Karl traf, einen knapp 1,88 Meter hohen, blonden Jungen mit langem Haar, welches mich immer wieder an einen goldblonden Helm erinnerte. Ich musste wie üblich schmunzeln, als ich daran dachte.
Er war eher der schlaksige Typ Mensch und ähnlich wie ich ein Außenseiter. Inzwischen wusste ich nur zu gut, dass dieser Schlag Mensch eine ungeahnte Anziehung aufeinander ausübte und sich stets irgendwie fand, wenn sie denn nicht zu verklemmt, oder verschüchtert waren.
Ich persönlich sah mich nie als verklemmt, zumindest seitdem ich hierher zog, aber trotzdem in bestimmten Dingen als schüchtern an.
„Hi, Karl.“, sagte ich und lächelte ihn an. „Na? Wie lief denn Englisch? Verschissen?“
„Aber sowas von!“, sagte Karl und wir lachten, denn wir beide wussten nur zu gut, dass Englisch nie seine Stärke war und auch er, ebenso wie ich, eher der lässigere Typ Mensch war, der nur so viel Aufwand für die Schule betrieb, wie es eben nötig war.
Minutenlang schwelgten wir in Erinnerungen, tauschten uns aus und lachten, doch in all dieser Zeit hatte ich das seltsame Gefühl beobachtet zu werden. Karl erzählte gerade etwas über unseren Latein Lehrer, der sich aufgeregt hatte, als die Klasse eine schlechte Arbeit schrieb; ich höre ihn noch immer rufen „Entweder ihr lernt, oder ihr geht unter!“ – Ein Klassiker. Indes drehte ich mich um und tatsächlich erblickte ich jemanden, der seinen Blick auf mich zugewandt hielt.
Es war ein junges Mädchen, welches wohl in meinem Alter, womöglich etwas jünger war. Sie hatte langes braunes Haar, welches ihr in Wellen weit bis über die Schultern ging und sie starrte mich an!
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, doch als sie meine Blicke bemerkte, wanderte der ihre schüchtern hinab und sie wandte sich von mir ab.
„Felix?“, fragte Karl. „Hörst du mir zu?“
Ich hörte ihn gar nicht, denn ich war zu sehr in Gedanken versunken; er schubste mich. „Felix?“, fragte er.
„Hä? Was?“, fragte ich verwirrt. „Oh, äh ja! Das finde ich auch scheiße.“, plapperte ich vor mich her und versuchte mit einem erbärmlichen Versuch vorzutäuschen, dass ich ihm zugehört hätte.
„Du hast keine Ahnung wovon ich sprach, oder?“
„Doch!“, sagte ich prompt.
„Ach ja?“, fragte Karl. „Und was habe ich denn gesagt?“
Ehe ich antworten und meine Unwissenheit offenbar werden konnte, ertönte auch schon die Schulglocke.
Ich lächelte verschmitzt, klopfte Karl auf die Schulter, wobei ich meinen Arm lang machen musste und entschuldigte mich mit der Ausrede, dass die Stunde anfing.
Karl seufzte, schüttelte den Kopf, ließ mich aber gewähren. Hastig warf ich einen Blick zurück, um jenes Mädchen wieder zu erfassen, doch sie war nicht mehr da.
Ich biss mir auf die Lippen und dachte angestrengt nach. Ich war mir sicher, dass ich mir dies eingebildet hatte, denn mal ehrlich: Warum sollte man mich schon anstarren, oder gar beobachten?
Außerdem kannte sie mich gar nicht. Ich lachte und schüttelte den Kopf.
„Felix.“, flüsterte ich. „Du gibst dich nur wieder Illusionen hin. Vergiss es.“
Doch ich sollte immer weiter darüber nachdenken, denn im Laufe der nächsten Tage wurde ich den Eindruck beobachtet zu werden nicht los. Immer wieder sah ich wie sie mich anblickte. Ab und an kreuzten sich unsere Blicke, aber stets bläute ich mir ein, dass ich mir all dies einbilden würde, denn nur zu oft wurde ich schon enttäuscht und ich wollte es nicht noch ein weiteres Mal erleben; ich glaubte nämlich ich würde es nicht noch einmal ertragen können.