Er fand sie schließlich strahlend vor einer Schneiderei.
Offenbar hatte sie etwas „kleidsameres“ gefunden, denn anstatt ihrer alten Lumpen trug sie nun eine Art schwarzes Kleid mit weiten Ärmeln und darüber einen weiten, dunkelroten Mantel. Daneben wirkte der Kampfstab, den sie in der rechten Hand hielt, mehr als unpassend. Außerdem war es nicht unbedingt geeignete Kampfkleidung. Dennoch sagte Argalor nichts; wenn alles gut verlief, würde er Larana aus Kämpfen heraushalten können.
„Du hast also etwas gefunden.“, meinte er schließlich. „Sehr gut; ich bin ebenfalls fündig geworden. Wir können also aufbrechen.“
„Wohin geht die Reise denn?“, fragte Larana neugierig.
„Nach Westen.“
„Und wohin genau?“
„Das weiß ich auch noch nicht; erst einmal müssen wir an der Westküste ein Schiff besorgen.“
Und mehr war aus Argalor nicht herauszuholen.
Also wanderten die beiden in Richtung Westen, den unbekannten Tiefen des westlichen Meeres entgegen.
Nach wenigen Tagen erreichten sie schließlich einen Wald. Doch Argalor spürte sofort, dass etwas nicht stimmte.
Die Bäume waren kahl und reckten ihre dürren Äste gen Himmel als wollten sie ihn um Beistand anflehen. Die Erde war steinhart und pechschwarz.
Außerdem nahm Argalor einen starken Dämonengeruch wahr.
Es bestand kein Zweifel daran, dass in diesem Wald noch Ärger auf sie wartete.
Argalor bedeutete Larana, sich kampfbereit zu machen.
Dann zog auch er sein Schwert und langsam drangen die beiden in den Wald vor.
Kaum waren sie in den Wald eingedrungen, da wurde es um sie herum dämmrig; die Äste der Bäume hielten einen Großteil des Lichts davon ab, zum Boden zu gelangen.
Eine unnatürliche Stille dröhnte in Argalors Ohren.
Kein Vogel war zu hören, kein Ast raschelte im Wind.
Nur sein eigenes Herzklopfen hallte in seinen Ohren wider.
Sein Instinkt beschwor ihn, nicht weiter in den Wald vorzudringen, doch wenn sie die Westküste in absehbarer Zeit erreichen wollten, war dies ihr einziger Weg.
Dann, völlig unangekündigt, ertönte direkt hinter Argalor ein markerschütterndes Kreischen und er spürte, wie ihm etwas ungeheuer starkes ins Kreuz sprang.
Er wurde zu Boden geworfen noch ehe er auch nur gemerkt hätte, was ihn da angegriffen hatte.
Das Wesen ließ kurz von ihm ab.
Argalor nutzte die Gelegenheit und sprang wieder auf die Beine. Gleichzeitig warf er die schwarze Kutte ab, sie würde ihn in dem bevorstehenden Kampf nur behindern.
Dann drehte er sich um und sah, was ihn attackiert hatte.
Es war ein Dämon, als solcher nur an den hasserfüllten, grün glimmenden Augen zu erkennen. Ansonsten war er von einem Menschen nicht zu unterscheiden, was auf eine hohe Dämonenrasse hindeutete. Außerdem konnte Argalor eine starke Energie spüren, die offenbar von dem Dämon ausging.
„Du wirst diesen Wald nicht lebend verlassen, Argalor!“
Die Stimme des Dämons war nicht mehr als ein leises Zischen und dennoch schien sie auf der kleinen Lichtung eine Art Echo hervorzurufen.
Argalors Hand umschloss das Heft seines treuen Schwertes heftiger.
Noch ehe er dem Dämon eine passende Antwort entgegenschleudern konnte, sprang dieser mit beunruhigender Schnelligkeit auf ihn los.
Erneut spürte Argalor, wie er den Boden unter den Füßen verlor und hart auf den Rücken krachte.
Der Dämon kauerte in gebückter Haltung auf ihm. Seine grünen Augen waren deutlich im Dämmerlicht zu erkennen.
Argalor konnte sehen, wie der Dämon ein schwarzes Langschwert erhob, dessen Klinge in einem schwachen Blau leuchtete.
„STIRB!“, brüllte der Dämon und schlug.
Wie in Zeitlupe sah Argalor die glimmende Klinge auf sich zukommen; doch eine ungeheure Kraft drückte ihn auf den Boden, lähmte ihn. Er konnte nichts tun, um sie aufzuhalten...
Ein silberner Stab tauchte zwischen Argalor und dem heransausenden Schwert auf.
Als die beiden Waffen aufeinander trafen, blitzte es hell auf. Gleichzeitig hörte Argalor den hohen Aufschrei eines Mädchens.
Dann sah Argalor, wie sich der Dämon umdrehte.
Larana lag bewegungslos vor ihm, den silbernen Kampfstab fest mit der rechten Hand umklammert.
„Du lässt dich von einem Menschenmädchen beschützen, Argalor?“, höhnte der Dämon. „Sie ist zwar mutig, aber dennoch nicht stärker als der Rest ihrer erbärmlichen Rasse.“
Damit erhob er sich und wandte sich vollends Larana zu, die sich immer noch nicht rührte.
Das überraschte Argalor nicht; vermutlich hatte sie die Energie, die sich in der Klinge des schwarzen Schwertes wand, durch den Kampfstab auf sich abgelenkt. Dennoch lebte sie noch, was für einen Menschen schon fast ein Wunder war.
Allerdings würde sie nicht mehr lange leben, wenn Argalor nicht bald etwas unternahm.
Mühsam hob er einen Arm und zeigte auf den Dämon, der sich grinsend über Larana aufgebaut hatte.
Gerade als der Dämon ausholte, wurde er von einer Kugel aus Finsternis von den Beinen gerissen und gegen einen Baum geschleudert.
Verdutzt kam er wieder auf die Beine und sah, dass Argalor sich ebenfalls wieder erhoben hatte. Eine Hand wies mit gespreizten Fingern auf ihn.
„Kämpfe gegen jemanden, der dir ebenbürtig ist!“, sagte Argalor.
„Gern. Wenn du mir einen guten Kampf lieferst, ist es mir ohnehin lieber.“, entgegnete der Dämon.
Er ergriff sein Schwert beidhändig und hob es über die Schulter, bereit zum Schlag.
Argalor hielt ihm seine Klinge dagegen einhändig entgegen, die andere Hand wies noch immer mit gespreizten Fingern auf seinen Gegner.
Brüllend rannte der Dämon auf Argalor zu.
Dieser wich einen Schritt zur Seite aus und feuerte erneut einen Ball aus Finsternis gegen seinen Gegner.