Kapitel IX.:
50% Leben. 50% Tod.
„Mist. Er antwortet nicht!“
Ich schaute mich in der Gondel um. Das blanke Entsetzend war den Passagieren ins Gesicht geschrieben.
0:49.
„Wir werden alle sterben!“, schrie ein völlig verzweifelter Junge.
„Werden wir nicht“, ich versuchte ihn vergeblich zu beruhigen, „schließlich habe ich eine 50%-ige Chance, den richtigen Draht zu erwischen. Groß etwas abwägen ist eh nicht drin, da wir in knapp 40 Sekunden sowieso Tod wären. Jetzt stellt sich nur die Frage…“
0:37.
Ich legte die Zange vorsichtig an einen der beiden Drähte an und versuchte bestmöglich mein Zittern zu unterdrücken. Dann hielt ich inne.
0:34.
Ein paar pressten ihre Liebsten fest an sich und schlossen die Augen.
0:32.
Immer noch war nichts aus dem Funkgerät zu vernehmen. Ich war mir nicht sicher, welchen ich kappen sollte. Zerstreut sah ich, wie der Timer der Bombe immer weiter gen Null lief.
0:27.
Ich heilt die Luft an. Die anderen Gondelpassagiere sahen uns völlig verwirrt durch die Scheiben zu.
Ich kappte ihn. Ein paar Sekunden war nichts zu hören. Erleichterung zeigte sich auf den Gesichtern der anderen, als sie die Augen einen Spalt öffneten und sahen, dass der Timer bei 0:19 still stand. Die Leute umarmten sich und Freudentränen liefen ihnen über die Wangen.
Ich ging an das Fenster und rief Ryan mit meinem Handy an. Er war sichtlich erleichtert meine Stimme zu hören.
„Hey, Junge!“
Ich zuckte zusammen. Das Funkgerät, das ich die ganze Zeit an fest in meiner Hand hielt, ertönte.
Kapitel X.:
X².
„W-was wollen sie?“, ich bekam kaum einen Satz von den Lippen.
„ 14 x 19 x 25 + X / 30 + 2.9 = 6653.5.
Was sagst du dazu, kleiner Detektiv?“
„Hören sie damit auf! Es werden Menschen sterben!“
Doch da hörte ich auch schon nichts mehr.
„Was ist da oben los?“
Ryan brüllte verwirrt das Telefon an.
„Ein neues Rätsel…“
Betrübt senkte ich meinen Blick.
„14 x 19 x 25 + X / 30 + 2.9 = 6653.5. “
„Und was soll das bitte heißen?“
„Ich weiß es nicht…“
Unten herrschte Verwirrung unter den Leuten, da niemand genau wusste, was wirklich abgelaufen war. Völlig zerstreut liefen meine Eltern auf mich und Ryan zu und ich kam in den Genuss einer weiteren Strafpredigt meiner ach so fürsorglichen Eltern. Ich nickte einfach nur die ganze Zeit. Zu Hause angekommen durfte ich mich dran auf einen Monat Hausarrest ohne Medienbezug und sozialer Nähe freuen – super!
Ich konnte die ganze Nacht nicht schlafen, da mich diese merkwürdigen Zahlen beschäftigten. Dementsprechend war ich auch gelaunt, als sich um 5:30 Uhr mein Wecker meldete. Unüberraschenderweise lag an diesem Morgen weder der Duft von gebratenem Ei noch der von liebevoller Zuneigung in der Luft. Lediglich eine Scheibe ungetoastetes Weißbrot wurde mir auf den Teller geschmissen. Nichts desto trotz lief der Rest des Tages normal ab. Ich war im kompletten Unterrichtsverlauf völlig in Gedanken, bis mich mein Lateinlehrer mit seiner imposanten Stimme aus der Trance rüttelte.
„Früher, im alten Rom, schickte man, um wichtige politische Mitteilungen zu überbringen, einen Boten mit einem Code zum Empfänger. Das hatte den Vorteil, dass, wenn der Bote überfallen würde, die Diebe nichts mit dem Buchstabensalat auf der Tafel hätten anfangen können. Der Entschlüsselungscode wurde entweder separat mitgeliefert oder aber versteckt am Boten, zum Beispiel unter den Haaren tätowiert. Die beliebteste Verschlüsselungsart war es, jeder Zahl einen Buchstaben zuzuordnen, wie zum Beispiel A = 1, B = 2, und so weiter.“
Da entsinnte ich mich plötzlch dem Code des Bombenlegers und alles wurde mir klar…