Es ist wie in einem schlechten Film, ich renne im emotionalen Abgrund gefangen aus dem Haus meines besten Freundes und es regnet. So wate ich, Wut und Trauer als Begleiter, in Richtung Bushaltestelle und ziehe meine Kapuze des Mantels tief ins Gesicht, so dass niemand meinen Gesichtsausdruck sehen kann. Dies ist eine Geschichte, welche zum Lachen und Weinen gleichermaßen ist, von einem vollschlanken Fachgymnasiasten, der seine Lebensfreude auf Kinderkarten aufbaut.
Es ist ein Tag wie immer: Erfolglos auf der ganzen Schiene, gekrönt von der Suche nach Nahrung wie ein Alki sein Bier sucht oder der Junkie sich das Geld für seinen nächsten Schuss erbettelt. Ich bin Daniel, ein groß gewachsener, vollschlanker Achtzehnjähriger mit einem fast liebenswürdigen Sprachfehler und einem etwas anderem Hobby. Ich muss wohl nicht extra erwähnen, dass ich diesen Text nur schreibe, weil ich meinen Bus verpasst habe. Zumindest habe ich einen Sitzplatz auf einer Bank und meinen Ipod mit Musik beladen, was zwar kein wirklicher Trost ist, die geschaffene Situation aber besser macht. Just in diesem Moment hat sich jemand neben mich gesetzt und beginnt Fleischsalat aus der Dose zu essen, mit dem Deckel ebendieser. Das passt doch wie die Faust aufs Auge, Texte über mein Leiden als Fettsüchtiger zu schreiben, während neben mir jemand sitzt und isst. Natürlich könnte ich mich an meinen Hanuta vergreifen, welche in meiner Tasche auf mich warten, doch mein Bus kommt in wenigen Minuten und ich schreibe gerade meine Tränen von der Seele oder ich will mich nur von der Kälte ablenken, ich bin mir selber noch unsicher.
Fast vergaß ich, worüber ich schreiben wollte. Es war Samstag, ein bis dahin schöner Abend klingt aus, und ein paar Freunde und ich wollten noch unser Glück im Casino versuchen und bestenfalls unser Geld vermehren. Ich spielte also das beliebte Roulette, und während ich erfolglos im Raten der Zahlen blieb, hat einer meiner Freunde, im folgenden nur M.W. genannt, ganz andere Erfolge zu vermelden: nachdem er seinen Einsatz verdoppelt hatte, gelang ihm dies auch bei meinem Geldbetrag, den ich ihm in die Hand drückte. Ich sowie M.W. waren beide begeistert, was für ein Glückspilz er doch war und ich ging glücklich über die Verdopplung mit allen noch in den örtlichen McDonalds, um meine Fettsucht mit einem Menu zu befriedigen. Am folgenden Mittwoch, ich habe Gespräche mit M.W. geführt, in welchen er mir ein angeblich todsicheres System im Roulette verriet, zog es mich in das Casino. Ich war zwar zuvor noch in meinem örtlichen Kartenladen gewesen, doch der Gedanke, mein Glück mit der besagten Methode aufzubessern, trieb mich schnell wieder hinaus, zur Bank und anschließend an den Roulettetisch. Das System funktionierte! Auch ich habe innerhalb einer knappen Stunde meinen Betrag verdoppeln können. Stolz über die Gewissheit der Funktionalität des Systems begab ich mich wieder in den Kartenladen, wo ich zwei meiner Freunde ebenfalls davon überzeugen konnte, einmal zuzuschauen und sich von der Effektivität zu überzeugen. Auch hier konnte ich wiederholt meinen Einsatz fast verdoppeln, was zu einer regen Begeisterung der Beteiligten führte. So habe ich meine Ausgaben des Mittwochs und des folgenden Donnerstags komplett vom Gewinn decken können, ohne daran denken zu müssen, wie viel Geld ich noch übrig habe, denn ich hatte ja vom Gewinn gelebt. Das Pech, was mich zu diesem Text trieb, ereignete sich am Donnerstag. Ich wollte mir von meinem Gewinn 3 Erzherrscher Kristya zulegen, welche ein Freund besaß, diese aber nicht dabei hatte. Mit dem Versprechen, sie am Samstag mitzubringen, spielte ich das Turnier, was an diesem Tag stattfand und ging abends mit M.W. wieder einmal ins Casino. Auch hier wurde das System zum wiederholten Male angewandt, während M.W. das große Geld abgriff, setzte ich all mein Geld ein, in Hoffnung in eine der Gewinnrunden zu gelangen, in welcher mein Einsatz in Gewinn umgewandelt wurde. Dies misslang. Als ich – nachdem ich mir Geld leihen musste – auf 110 Euro war, wollte M.W., dass ich auszahle und ihm das geliehene Geld zurückgebe. Doch ich wollte noch auf 150 Euro aufstocken, damit ich das Geld zurückzahlen sowie die Kristyas kaufen konnte, und habe – dank dem System – am Schluss alles auf eine Karte gesetzt und verloren. Doch angesichts des immensen Gewinns meines Freundes blieb mein Glaube an das System bestehen und ich ging zwar mit einem weinenden Auge bezüglich meines verlorenen Gewinnes, aber auch mit einem lachenden Auge bezüglich des steigenden Gewinnes von M.W. ins Bett.
Der Freitag könnte genauso gut ein Freitag der Dreizehnte gewesen sein, denn hier wendete sich das Blatt. M.W. sagte mir im Kartenladen, er nehme sich vor, nicht mehr ins Casino zu gehen, doch angesichts der Gewinnmehrung juckte es ihm in den Fingern. So gingen wir zum dritten Mal in Folge ins Casino, und ich setzte das Geld, welches ich für M.W. zur Zurückzahlung meiner Schulden bereit gelegt hatte, auf den Roulettetisch. Das System funktioniert so lange, wie man Kapital aufbringen kann, doch irgendwann kommt der Punkt, wo man aufhören muss. Nicht nur, dass ich mein Kapital verspielt habe, M.W. hat seinen gesamten Gewinn und seine gesamten Ersparnisse in das System gesetzt und alles verloren.
Stark niedergeschlagen von diesem sehr großen Verlust gingen sowohl ich als auch M.W. in eine unruhige Nacht. Am heutigen Samstag fuhr ich in die Stadt und mich plagte der Gedanke, was mich denn glücklich machen könnte. Mir fiel nichts ein. Dass man solche Gedanken hat und diese zu keinem Erfolg führen, dass hat schon für einige Menschen den Freitod bedeutet. Doch ein Anruf meines besten Freundes, welchen ich längere Zeit nicht mehr gesehen habe, sollte meine Laune erhellen. Nach einem Besuch in der Buchhandlung sowie dem Supermarkt waren wir für einen Filmeabend gerüstet, doch als F. nach dem ersten Film bereits eingeschlafen war und ich anschließend im Chat mit J. war, mich mit ihm über das Iphone unterhielt und ständig Bemerkungen meines besten Freundes in den Raum geworfen wurden, habe ich mich wutentbrannt an ihn gewandt, ihn diverse Sachen an den Kopf geworfen.
Es ist wie in einem schlechten Film, ich renne im emotionalen Abgrund gefangen aus dem Haus meines besten Freundes und es regnet…
Ich widme diesen Text der Gruppe "Billy Talent" sowie "Puffy AmiYumi", welche mit ihren Liedern "Rusted from the Rain" sowie "I don't wanna" bewiesen haben, dass man zu einem Thema doch so unterschiedlicher Meinung sein kann. Vielen Dank für das Lesen dieses Textes.