Oder auch:
"Petrus' Sammlung zahlloser Momentaufnahmen".
In diesem Thread werde ich künftig einige kurze Texte reinstellen, die keinen Platz in einer meiner Geschichten gefunden haben, weil ich kaum noch zum Schreiben komme, jedoch Zeugnis meines kümmerlichen Restes von Aktivität in den schriftstellerischen Kreisen sind.
Sie alle werden recht düster gestaltet sein, aber das werdet ihr schon noch bemerken.
Dennoch hoffe ich trotzdem, dass sie euch gefallen und freue mich über jegliche Rückmeldung, die ich von euch erhalten werde. =)
Viel Vergnügen.
Das Gesicht - alter Ego
Blass blickt mir die Fratze entgegen, ein elendiger ernster Ausdruck ist ihr eigen und scheinbar für die Ewigkeit eingebrannt. Streng wirken die schattenunterlaufenen Augen, die von roten Adern durchdrungen sind.
Ich beschließe, näher heran zu gehen, um diese Person besser in Augenschein zu nehmen. Ich blinzle. Kurz. Sind das wirklich nur rote Pusteln auf der Haut? Oder ist es vielleicht etwas anderes?
Ich kneife die Augen zusammen und tatsächlich: Es sind welche. Das rote Etwas auf der pergamenthaften Haut sticht deutlich hervor, weniger jedoch als die tiefen braunen Augen, die inmitten eines weißen Meeres schwimmen und eine schwarze Insel beherbergen - eine nadelkopfgroße Pupille. Zumindest scheint es so, denn sehen kann man sie nur mit Mühe.
Die Augen wandern, sie sind tief im schmalen Schädel vergraben und mustern mich. Ich streiche meinem Gegenüber zärtlich durchs Gesicht.
"Was ist nur aus dir geworden, alter Knabe?", murmle ich. Drehe den Wasserhahn auf und spritze mir etwas Wasser ins Gesicht; die Haut des Spiegelbildes beginnt zu glänzen.
Tropfen perlen von der Haut herab, als wäre sie ein Blatt in einem lichten Wald, den ein plötzlicher Regenschauer einhüllt und mit seiner Umarmung umgarnt.
"Wie Tränen.", denke ich plötzlich. Zeitgleich schüttle ich den Kopf und wende mich ab. Trockne das Gesicht. Zögere für einen kurzen Moment und seufze.
"Ein letzter Blick.", flüstere ich leise und blicke zurück. Die Lippen, einem Vorhang gleich, öffnen sich augenblicklich und präsentieren mir ein trauriges Lächeln. Sie bewegen sich und formen Worte. Aber ich brauche sie nicht zu hören, um zu wissen, was sie flüstern. Ich weiß es ganz genau:
"Was ist nur aus dir geworden, alter Knabe?"