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Thread: Cally's großes Nach-der-Wahl-Geplänkel

  1. #1
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    Default Cally's großes Nach-der-Wahl-Geplänkel

    Bei der Wahl zum 17. deutschen Bundestag (siehe auch hier) ergab sich bei einer historisch niedrigen Wahlbeteiligung von knapp 71% (-6,7% gegenüber 2005) das uns allen bekannte folgende Ergebnis:

    CDU/CSU: 33,8% (-1,4%), davon
    CDU: 27,3% (-0,5%)
    CSU: 6,5% (-0,9%)

    SPD: 23,0% (-11,2%)

    FDP: 14,6% (+4,8%)

    Die Linke: 11,9% (+3,2%)

    B90/Die Grünen: 10,7% (+2,6%)


    Die Wahl für die Parteien

    Die Bundestagswahl 2009 hat die Kräfteverhältnisse im Deutschen Bundestag ganz empfindlich zugunsten der jetzt regierenden Mitte-Rechts-Koalition aus CDU, CSU und FDP verschoben. Dabei ist jedoch die CSU nur noch halb so stark wie die FDP und die CDU bleibt in einer festgefahrenen 27%-Situation, wobei sie in den alten Bundesländern Stimmen verlor; in den neuen und Berlin hingegen prozentual Stimmen gewinnen konnte. Langfristig verzeichnet die Union seit 1983 einen beständigen Abwärtstrend, der nur 2002 kurzfristig unterbrochen wurde.

    Stärkstes Landesergebnis: Sachsen (35,6% (+5,6%))
    Schlechtestes Landesergebnis: Berlin (22,8% (+0,8%))


    Trotz dieses schlechten Abschneidens konnte die CDU stärkste Partei in Berlin werden. Die CSU kommt in Bayern auf 42,6% (-6,6%) der abgegebenen Stimmen.

    Die SPD stürzte auf ihr mit Abstand schlechtestes Wahlergebnis seit Bestehen der Bundesrepublik ab und verlor in 11 von 12 Bundesländern ihren Status als stärkste regionale Partei (9x an die CDU, 2x an Die Linke). Lediglich in der Hansestadt Bremen konnten sich die Sozialdemokraten als stärkste Kraft behaupten. Während 2005 noch in 4 Ländern rot-grüne Mehrheiten gewählt wurden, so hat das schwache Abschneiden der SPD auch all diese rot-grünen Landesmehrheiten kollabieren lassen. Abseits von Bund und Ländern verfügt die SPD jedoch auf kommunaler Ebene über einen sehr großen Rückhalt: so sind gegenwärtig in allen Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern 51,3% der Oberbürgermeister SPD-Mitglieder. Die Union stellt hier hingegen nur 34,7% aller Stadtoberhäupter.

    Stärkstes Landesergebnis: Bremen (30,3% (-12,6%))
    Schlechtestes Landesergebnis: Sachsen (14,6% (-9,9%))


    Die FDP legte massiv zu und ist nun annähernd dreistellig im aktuellen Bundestag vertreten. Während sie in den alten Bundesländern durch einen enormen Wählerzustorm von CDU und SPD durchgehend zweistellige Ergebnisse erzielen konnte, schnitt sie in den neuen Ländern teilweise immernoch einstellig ab. Tendenziell etabliert sich die FDP zunehmend als gesamtdeutsche Partei, wohingegen sie früher vor allem im Westen verwurzelt war. Dies bestätigt sich auch durch die Präsenz der FDP in nunmehr 15 von 16 deutschen Landtagen (einziges FDP-freies Landesparlament ist die Bürgerschaft in Hamburg).

    Stärkstes Landesergebnis: Baden-Württemberg (18,8% (+6,9%))
    Schlechtestes Landesergebnis: Brandenburg (9,3% (+2,4%))


    Die Linke setzt ihre Expansion nach Westen fort und hat in allen Ländern die 5%-Hürde genommen, wenn auch mit extremen regionalen Unterschieden. Sie profitiert am stärksten von der Zuwanderung enttäuschter SPD-Wähler; in geringerem Maße sind auch frühere Unionswähler zur Linken gewandert. In Sachsen-Anhalt und Brandenburg konnte die Linke zudem stärkste Kraft werden und erstmals außerhalb von Berlin Direktmandate gewinnen. Mittlerweile ist die Linkspartei in 12 von 16 Landesparlamenten vertreten; der Einzug in den Landtag von Nordrhein-Westfalen im Mai 2010 gilt als sicher.

    Stärkstes Landesergebnis: Sachsen-Anhalt (32,4% (+5,8%))
    Schlechtestes Landesergebnis: Bayern (6,5% (+3,1%))


    Die Grünen bleiben auch im 17. Deutschen Bundestag nur fünftstärkste Kraft, steigern sich aber ebenso wie FDP und Linke, wenn auch nicht in deren Maße. Dabei profitieren sie sowohl von zugewanderte ehemaligen SPD-Wählern als auch von CDU-Sympathisanten, die schwarz-grün vor schwarz-gelb präferieren. Besonders stark sind die Grünen traditionell in den Großstädten der Republik, während sie auf dem Land und im Osten der Republik einen eher schweren Stand haben. Trotzdem erreichten auch die Grünen in jedem Bundesland mehr als 5% der Stimmen und etablieren sich ebenso wie FDP und Linke zunehmend im gesamten Bundesgebiet.

    Stärkstes Landesergebnis: Berlin (17,4% (+3,7%))
    Schlechtestes Landesergebnis: Sachsen-Anhalt (5,1% (+1,0%))



    Die Wahl im Norden

    Im Gegensatz zum Westen des Landes hat sich der Norden Deutschlands auch 2009 einer flächendeckenden Eroberung durch die neue schwarz-gelbe Mehrheit widersetzt. Neben den rot-rot-grünen Stadtstaaten Hamburg (1 linkes Mandat mehr) und Bremen (2 linke Mandate mehr) bleibt auch Niedersachsen mehrheitlich links, auch wenn die rot-grüne Mehrheit von 2005 nur noch auf einen knappen rot-rot-grünen Stimmenüberschuss zusammengeschmolzen ist. Geographisch sind in Niedersachsen keine großen Veränderungen wahrzunehmen. Die SPD kann ihre Hochburgen in und um Hannover sowie in Ostfriesland, um Bremen herum und im Süden halten, während die CDU im Westen des Landes wie gewohnt extrem stark auftritt und im Wahlkreis Cloppenburg-Vechta sogar ihre bundesweit einzige absolute Mehrheit (54%) erzielen konnte. Der Mandatsvorsprung des linken Lagers fällt mit 2 Mandaten gegenüber schwarz-gelb eher gering aus.

    Auch in Mecklenburg-Vorpommern, dem Land, in dem Kanzlerin Merkels Wahlkreis liegt, bleiben schwarz-gelbe Mehrheiten illusorisch, allerdings hat sich innerhalb des linken Lagers ein Führungswechsel vollzogen, indem die Linkspartei die Sozialdemokraten als stärkste Kraft des Mehrheitslagers abgelöst hat. Bedingt durch die Überhangmandate der Union gibt es hier wie auch im Saarland und in Thüringen ein Mandatspatt zwischen schwarz-gelb und rot-rot-grün.

    Als einzige Ausnahme im hohen Norden Deutschlands erweist sich Schleswig-Holstein. Das Land, das 2005 noch rot-rot-grün vor schwarz-gelb gewählt hatte, hat sich 2009 eine knappe schwarz-gelbe Mehrheit zugelegt und schickt 2 "bürgerliche" Abgeordnete mehr in den Deutschen Bundestag als die Parteien des linken Lagers. Zwischen Nord- und Ostsee hat sich dabei wenig Spektakuläres zugetragen. Wie zu erwarten war, zeigten sich die Sozialdemokraten und Grünen eher in den Großstädten wie Kiel und Lübeck dominant, während die Union die ländlichen Wahlkreise dominierte.

    Insgesamt kann rot-rot-grün im linksliberal gesinnten Norddeutschland einen knappen Vorsprung von 3 Mandaten gegenüber schwarz-gelb verbuchen.


    Die Wahl im Westen

    2009 haben es Union und FDP erstmals seit 1990 wieder geschafft, Nordrhein-Westfalen zu erobern. Im Stammland der SPD konnten sie einen Vorsprung von 1 Mandat gegenüber den linken Parteien herausholen. Ebenso konnte schwarz-gelb Hessen majorisieren und auch hier 1 Mandat mehr erringen als die vormalige rot-rot-grüne Mehrheit. Dennoch fällt auf, dass CDU und FDP den SPD-dominierten Block rund um das -von schwarz-gelben Mehrheiten umschlossene- Ruhrgebiet nach wie vor nicht zu knacken imstande sind. Die Mehrheiten im größten deutschen Ballungsraum bleiben im linken Lager; im Zentrum des Ruhrgebiets rund um die Städte Duisburg und Essen gibt es sogar noch rein rot-grüne Mehrheiten.

    Eine weitere geographische Teilung stellt sich in Hessen ein, das sich grob in einen "linken" Norden und einen "bürgerlichen" Süden teilt, wobei Frankfurt und Darmstadt als linke Enklaven aus dem schwarz-gelben Süden herausstechen.

    Während Nordrhein-Westfalen und Hessen knapp von Union und FDP erobert wurden, traten in Rheinland-Pfalz und im Saarland keine Veränderungen der Mehrheitsverhältnisse zwischen den Lagern zu Tage. Im traditionell konservativen Rheinland konnte schwarz-gelb wie schon 2005 eine klare Mehrheit erringen und mit einem Vorsprung von 4 Mandaten gegenüber rot-rot-grün aus der Wahl hervorgehen. Ebenso bleibt die linke Mehrheit im Saarland bestehen. Diese ist jedoch durch das schwache Abschneiden der SPD (24,7%) empfindlich geschwächt worden. Da zudem die Linkspartei im Saarland überproportional stark ist (21,2%) und der SPD große Stimmeneinbußen beschert hat, konnte die Union alle Direktmandate gewinnen, obwohl sie fast 15% schwächer ist als SPD und Linke zusammen (die Linke besteht im Saarland fast komplett aus alten SPD'lern, insofern haben wir es hier personell und inhaltlich weniger mit zwei Parteien als viel mehr mit zwei eigenständigen Flügeln EINER Partei zu tun. Insofern ist diese gemeinsame Betrachtung von rot-rot hier durchaus gerechtfertigt). Infolge der damit einhergehenden Überhangmandate ergab sich trotz der rot-rot-grünen Stimmenmehrheit ein Mandatspatt zwischen den Lagern.

    Insgesamt konnten Union und FDP im Westen Deutschlands einen Vorsprung von 6 Mandaten gegenüber SPD, Grünen und Linken erwerben. Dies ist insofern von Bedeutung, als dass dieser Landesteil für gewöhnlich eher linke Mehrheiten hervorbringt, mit denen sich schwarz-gelbe Mandatsüberschüsse im Süden normalerweise ausgleichen lassen. Mit den knappen Mehrheiten für Union und FDP in Nordrhein-Westfalen und Hessen wurde dem linken Lager somit jede Möglichkeit genommen, die starken schwarz-gelben Mehrheiten aus Süddeutschland noch zu absorbieren.


    Die Wahl im Osten

    Seit jeher zeichnen sich die Wähler im Osten Deutschlands als die dynamischsten und unberechenbarsten aller Bundesbürger aus. Die Parteibindungen sind schwach; die drei großen Regionalparteien CDU, SPD und Die Linke sind hier überdies weniger weit voneinander entfernt als im Westen Deutschlands und pflegen auf kommunaler Ebene eine intensive lagerübergreifende Zusammenarbeit, was die Differenzierung der Parteien durch den Wähler noch zusätzlich erschwert.

    Berlin und insbesondere Brandenburg zeigen sich schon seit 1994 bzw. 1990 ungewinnbar für schwarz-gelb. Seit der Bundestagswahl 1994 ist die CDU hier nicht einmal in die Nähe der 30%-Marke gekommen. Auch Sachsen-Anhalt ist fest in der Hand der linken Parteien, jedoch traten 2009 einige Kuriositäten zutage. So ist die Linke in Brandenburg und Sachsen-Anhalt wie bereits in Mecklenburg-Vorpommern stärkste (linke) Kraft geworden und hat SPD und CDU so deutlich in die Schranken gewiesen, dass eine theoretische Große Koalition in zwei Ländern (Sachsen-Anhalt und Berlin) über keine Mehrheit verfügen würde.

    Während Brandenburg und Sachsen-Anhalt strukturell fest von rot-roten Mehrheiten beherrscht werden, ist in Berlin eine Art Flickenteppich der Parteidominanz entstanden. Dabei ist die CDU im Nord- und Südwesten Berlins die tonangebende Kraft. Die SPD dominiert im übrigen Westteil und im Süden der Bundeshauptstadt. Die Grünen wiederum sind im Stadtzentrum die stärkste Partei und die Linke beherrscht das alte Ost-Berlin.

    Thüringen ist demgegenüber weniger spektakulär. Das Eichsfeld im Norden des Landes bleibt eine typische CDU-Hochburg, während die Linke zunehmend in die alten CDU-beherrschten Landkreise vordringt und rot-grün in den Großstädten überproportional stark ist. Mehrheitlich haben die Thüringer deutlich rot-rot-grün vor schwarz-gelb gewählt. Bedingt durch die CDU-Überhangmandate im 2005 fast komplett von der SPD gewonnenen Land konnte schwarz-gelb jedoch ebenso viele Mandate erringen wie das linke Lager.

    Bleibt noch das für den Wahlforscher sehr exotische Sachsen. Das Land fällt nicht nur durch seine stellenweisen 10%-Kreisergebnisse für die NPD auf, es ist auch das einzige Land im Osten Deutschlands, das eine 5 Mandate starke schwarz-gelbe Mehrheit hervorgebracht hat. Die Konfliktlinie Stadt-Land tritt auch in Sachsen als dominantes Muster beim Wahlverhalten auf. Während in den ländlichen Gebieten die CDU-Wählerschaft vorherrscht, sind die großen Städte Dresden, Leipzig und Chemnitz mehrheitlich links, obwohl die Schwäche der SPD den Christdemokraten auch die dortigen Direktmandate eingebracht hat.

    Insgesamt verfügt rot-rot-grün in Berlin und Brandenburg jeweils über 5 Mandate mehr als schwarz-gelb, hinzu kommen 3 Mandate aus Sachsen-Anhalt. Bedingt durch die Überhangmandate der CDU in Thüringen herrscht hier ein weiteres mal ein Mandatspatt trotz rot-rot-grüner Stimmenmehrheit. Mit den 5 schwarz-gelben Mehrmandaten aus Sachsen ergibt sich somit ein rot-rot-grüner Vorsprung von 8 Mandaten im Osten Deutschlands.


    Die Wahl im Süden

    Baden-Württemberg und Bayern bleiben nach wie vor schwarz-gelbe Hochburgen. 2009 haben sich dabei allerdings einige entscheidende Veränderungen vollzogen: CDU, CSU und SPD haben als ehemalige Volksparteien massiv an Halt verloren und erreichen zusammen nur noch 53,8% (BW) bzw. 59,4% (BY) der Stimmen. Die CSU erreicht in Bayern in immerhin noch 16 von 45 Wahlkreisen absolute Mehrheiten, sie verliert jedoch insbesondere in Franken und in der Metropolregion München an Zustimmung. Stark zeigt sie sich hingegen in den ländlichen Gebieten des Bayerischen Waldes, in Schwaben und an der Grenze zu Österreich. Die CDU in Baden-Württemberg erreichte in keinem Wahlkreis mehr eine absolute Mehrheit.

    Auffällig ist darüber hinaus, dass sich die großen Städte des Südens nach wie vor einer schwarz-gelben Mehrheit verweigern. So haben Stuttgart, Mannheim, Karlsruhe, Freiburg und Nürnberg mehrheitlich rot-rot-grün bzw. grün-rot-rot gewählt, wenn auch zum Teil sehr knapp. Einzig das lokal rot-grün regierte München bildet hier eine Ausnahme.

    Der Süden Deutschlands bleibt das notwendige Rückgrat für schwarz-gelbe Mehrheiten im Bund. Union und FDP erzielten hier einen Vorsprung von 47 Mandaten gegenüber SPD, Grünen und Linken.

    Verrechnet man all diese Überschüsse miteinander, verbleiben 42 Bundestagsmandate, die schwarz-gelb mehr hat als rot-rot-grün. Diese bilden die stabile Basis, auf der die CDU/CSU-FDP-Regierung bis 2013 bauen kann.

    Was danach kommt, wird sich zeigen. In diesem Sinne ein frohes neues Jahr.

    Euer Cally
    Last edited by Calypso; 29.12.2009 at 15:14.

  2. #2
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    So viel Schwarz - Gelb; Na vielen Dank auch.

    Irgendwie beängstigend, der Kreuzzug der Tigerentenkoalition. Aber gut, die Wählerinnen und Wähler haben entschieden, auch wenn es mir ein absolutes Rätsel ist, wie Schwarz - Gelb derartig viele Anhänger finden konnten. Froh bin ich, dass man für Berlin - Brandenburg noch nicht schwarz sehn braucht; Fest in roter Hand und ich hoffe, dass das auch so bleibt. Problematisch sehe ich die Situation im Saarland. Da haben die Grünen bei mir endlich mal Bonuspunkte gesammelt, und schwupps wird mit Jamaika alles wieder eingerissen. Die Tatsache, dass einige das auch als bundesweite Möglichkeit sehn macht die Grünen für mich persönlich wieder unwählbar. Abwarten heißt es nun in NRW, ich hoffe mal, dass das linke Lager stark abschneidet und möglicherweise Schwarz - Gelb verhindert wird; Auch wenn letzteres vielleicht erstmal nur Wunschdenken ist. Wirklich interessant wird es nach der NRW - Wahl aber im Bund. Die Frage ist dabei, ob die von der Opposition prophezeite soziale Eiszeit dann nochmal etwas verschärft wird, oder ob sich unsere Regierung auf ihrem Niveau, das man wohl finden kann wie man will, hält. Ich bin in der Hinsicht jedenfalls besorgt.

    Die regionalen Ergebnisse finde ich auch sehr interessant, denn -wie du schon sagtest- es gibt ziemliche Unterschiede. In unserem Stadtrat beispielsweise findet sich nach der CDU als stärkste Kraft DIE LINKE. als zweitstärkste Kraft und sogar die NPD ist mit einem Sitz vertreten. Bei der Bundestagswahl sah es, was die Kräfteverteilung angeht, ähnlich aus, allerdings hat unsere Linksparteidirektkandidatin den Einzug in den Bundestag knapp verfehlt.

    Tigerente hin oder her; Auch ein einen guten Rutsch und ein frohes Neues von mir.

  3. #3
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    Quote Originally Posted by Caleb View Post
    So viel Schwarz - Gelb; Na vielen Dank auch.

    Irgendwie beängstigend, der Kreuzzug der Tigerentenkoalition. Aber gut, die Wählerinnen und Wähler haben entschieden, auch wenn es mir ein absolutes Rätsel ist, wie Schwarz - Gelb derartig viele Anhänger finden konnten.
    Im Grunde ist die Antwort einfach: 2005 stand rot-grün gegen schwarz-gelb; 2009 stand schwarz-gelb gegen schwarz-rot, alle anderen Bündnisvarianten waren ausgeschlossen (Ampel, Jamaika, Linksbündnis) oder nicht mehrheitsfähig (Rot-Grün). Da der gemeine Bundesbürger die Große Koalition mehrheitlich beenden wollte, blieb also nur schwarz-gelb als Alternative bzw. als kleineres Übel. Befördert wurde dies durch ein allgemeines Misstrauen gegenüber der SPD, das durch den Wortbruch in Hessen, die vom Bürger ungewollten Staatshilfen, die Unterstützung der überwachungsstaatlichen Politik von Schily und Schäuble oder die Nachwehen von Hartz IV und der Rente mit 67 befördert wurden; hinzu kam der autoritäre Führungsstil von Parteichef Müntefering und der inhaltlich leere Wahlkampf, dem schon eine geistig-plakative Irrfahrt im Europawahlkampf vorausgegangen war.

    Und wenn man mir die persönliche Bemerkung erlaube: ich habe einige SPD-Abgeordnete (bspw. Katja Mast aus Pforzheim/Enzkreis) als ziemlich arrogante Bücklinge mit einem Hang zum selbstverliebten Egotrip erlebt, die nicht viel auf persönliche Versprechen geben und jeden Tag andere Überzeugungen haben. Insofern ist die SPD auch für mich persönlich unwählbar geworden, solang sie solche Gestalten in den Wahlkampf schickt und auf sicheren Listenplätzen platziert, obwohl sie dem Ansehen der Partei schaden und den Vertrauensverlust der Bevölkerung in die SPD maßgeblich zu verantworten haben. Das hat schließlich v.a. der FDP die Wähler zugetrieben.

    Froh bin ich, dass man für Berlin - Brandenburg noch nicht schwarz sehn braucht; Fest in roter Hand und ich hoffe, dass das auch so bleibt.
    Für Brandenburg kann ich dich trotz der momentan wegen ihrer Stasi-Vergangenheit schwächelnden Linken beruhigen. Berlin ist jedoch längst nicht mehr in rot-roter Hand. Schon 2006 ist die Linkskoalition von Bürgermeister Wowereit nur knapp bestätigt worden und die Bundestagswahl hat rot-rot nur 40,4% der Stimmen, der Landesopposition hingegen 51,7% eingebracht. Bleibt es dabei, worauf zur Zeit noch alles hindeutet, könnte 2011 rein theoretisch eine Jamaika-Koalition rot-rot in die Opposition befördern, auch wenn das in Berlin eher unwahrscheinlich ist.

    Abwarten heißt es nun in NRW, ich hoffe mal, dass das linke Lager stark abschneidet und möglicherweise Schwarz - Gelb verhindert wird; Auch wenn letzteres vielleicht erstmal nur Wunschdenken ist.
    Sicher ist nur, dass eine rot-rot-grüne Regierung sehr unwahrscheinlich ist. Die Linke ist in Nordrhein-Westfalen eher ein Sammelbecken von ideologischen Hardlinern und keine Volkspartei wie in Thüringen oder im Saarland. Die wollen garnicht regieren. Auch die Tolerierung einer rot-grünen Minderheitsregierung erscheint vor diesem Hintergrund problematisch, obwohl die SPD eine Zusammenarbeit mit der Linken ausdrücklich nicht ausgeschlossen hat. Für NRW offenbaren sich damit abseits von schwarz-gelb mehrere Möglichkeiten:

    - Große Koalition (phantasielos, aber sicher mehrheitsfähig)
    - Schwarz-Grün (in NRW relativ problemlos möglich, wenn die Grünen stärker als die FDP werden)
    - die üblichen diskutierten Varianten Ampel/Jamaika

    Was davon wirklich wahrscheinlich ist, zeigt sich allerdings oft erst sehr kurz vor und nach der Landtagswahl; in 5 Monaten werden wir auf jeden Fall schlauer sein.

    Die regionalen Ergebnisse finde ich auch sehr interessant, denn -wie du schon sagtest- es gibt ziemliche Unterschiede. In unserem Stadtrat beispielsweise findet sich nach der CDU als stärkste Kraft DIE LINKE. als zweitstärkste Kraft und sogar die NPD ist mit einem Sitz vertreten. Bei der Bundestagswahl sah es, was die Kräfteverteilung angeht, ähnlich aus, allerdings hat unsere Linksparteidirektkandidatin den Einzug in den Bundestag knapp verfehlt.
    Im Baden-Württemberg ist es nicht unbedingt anders. Hier laufen die Grünen der SPD zunehmend den Rang als linke Volkspartei ab und bilden in den Stadträten von Stuttgart, Freiburg oder Konstanz schon die stärkste Fraktion. In Stuttgart führte dies erst kürzlich zu der abstrusen Situation, dass der CDU-Oberbürgermeister "seinen" Haushalt mit einer grün-rot-roten Mehrheit gegen die Stimmen des "bürgerlichen" Lagers verabschiedet hat. Es gibt also immer mal wieder Kuriositäten, die nur kaum auffallen, weil medial nicht besonders intensiv berichtet wird, wenn zB CDU und die Linke einen gemeinsamen OB-Kandidaten für Cottbus gegen die SPD aufstellen.

  4. #4
    Gast Gast

    Default AW: Cally's großes Nach-der-Wahl-Geplänkel

    Im Grunde ist die Antwort einfach: 2005 stand rot-grün gegen schwarz-gelb; 2009 stand schwarz-gelb gegen schwarz-rot, alle anderen Bündnisvarianten waren ausgeschlossen (Ampel, Jamaika, Linksbündnis) oder nicht mehrheitsfähig (Rot-Grün). Da der gemeine Bundesbürger die Große Koalition mehrheitlich beenden wollte, blieb also nur schwarz-gelb als Alternative bzw. als kleineres Übel. Befördert wurde dies durch ein allgemeines Misstrauen gegenüber der SPD, das durch den Wortbruch in Hessen, die vom Bürger ungewollten Staatshilfen, die Unterstützung der überwachungsstaatlichen Politik von Schily und Schäuble oder die Nachwehen von Hartz IV und der Rente mit 67 befördert wurden; hinzu kam der autoritäre Führungsstil von Parteichef Müntefering und der inhaltlich leere Wahlkampf, dem schon eine geistig-plakative Irrfahrt im Europawahlkampf vorausgegangen war.
    Sicherlich hat die SPD die letzten Jahre keine Glanzleistung vollbracht, aber als größeres Übel würde ich sie und ihre Koalitionsmöglichkeiten nicht unbedingt sehn. Das soll das Verhalten der Parteiführung als solches nicht verharmlosen; Nur Schwarz - Gelb ist in meinen Augen auch nicht wirklich das kleinere Übel.

    Und wenn man mir die persönliche Bemerkung erlaube: ich habe einige SPD-Abgeordnete (bspw. Katja Mast aus Pforzheim/Enzkreis) als ziemlich arrogante Bücklinge mit einem Hang zum selbstverliebten Egotrip erlebt, die nicht viel auf persönliche Versprechen geben und jeden Tag andere Überzeugungen haben. Insofern ist die SPD auch für mich persönlich unwählbar geworden, solang sie solche Gestalten in den Wahlkampf schickt und auf sicheren Listenplätzen platziert, obwohl sie dem Ansehen der Partei schaden und den Vertrauensverlust der Bevölkerung in die SPD maßgeblich zu verantworten haben. Das hat schließlich v.a. der FDP die Wähler zugetrieben.
    Ja, das versteh ich, mir geht es ganz genauso. Ich hätte durchaus Sympathie für die SPD übrig, wenn sie sich ihrem Parteinamen entsprechend benehmen würde. Allerdings war das die letzte Zeit nicht der Fall, und solange da einige Leute was zu sagen haben stellt sich mir die Frage ob es unter der neuen Parteiführung besser wird. Denn das wage ich eher zu bezweifeln, aber man soll ja die Hoffnung nie aufgeben.

    Für Brandenburg kann ich dich trotz der momentan wegen ihrer Stasi-Vergangenheit schwächelnden Linken beruhigen. Berlin ist jedoch längst nicht mehr in rot-roter Hand. Schon 2006 ist die Linkskoalition von Bürgermeister Wowereit nur knapp bestätigt worden und die Bundestagswahl hat rot-rot nur 40,4% der Stimmen, der Landesopposition hingegen 51,7% eingebracht. Bleibt es dabei, worauf zur Zeit noch alles hindeutet, könnte 2011 rein theoretisch eine Jamaika-Koalition rot-rot in die Opposition befördern, auch wenn das in Berlin eher unwahrscheinlich ist.
    Ja, das Parteienbashing gegen die Linken in Brandenburg war ja nicht zu übersehn. In meinen Augen ein ziemlich schwachsinniges und inhaltloses Verhalten; Wieso werden nicht mal zur Abwechslung andere Partein ausgeschlachtet? Stoff gäbe es ja genügend.

    Sicher ist nur, dass eine rot-rot-grüne Regierung sehr unwahrscheinlich ist. Die Linke ist in Nordrhein-Westfalen eher ein Sammelbecken von ideologischen Hardlinern und keine Volkspartei wie in Thüringen oder im Saarland. Die wollen garnicht regieren. Auch die Tolerierung einer rot-grünen Minderheitsregierung erscheint vor diesem Hintergrund problematisch, obwohl die SPD eine Zusammenarbeit mit der Linken ausdrücklich nicht ausgeschlossen hat. Für NRW offenbaren sich damit abseits von schwarz-gelb mehrere Möglichkeiten:

    - Große Koalition (phantasielos, aber sicher mehrheitsfähig)
    - Schwarz-Grün (in NRW relativ problemlos möglich, wenn die Grünen stärker als die FDP werden)
    - die üblichen diskutierten Varianten Ampel/Jamaika

    Was davon wirklich wahrscheinlich ist, zeigt sich allerdings oft erst sehr kurz vor und nach der Landtagswahl; in 5 Monaten werden wir auf jeden Fall schlauer sein.
    Ja, wie gesagt; Abwarten und Tee trinken.

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