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Thread: Die Chroniken von Schottland | Eins | "Memories"

  1. #1
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    Default Die Chroniken von Schottland | Eins | "Memories"

    0. Prolog - "Alte Freunde"

    Die Gassen der dunklen Straße waren leer, als eine dunkle, schemenhafte Gestalt das Geschäft am Ende des Ruinenweges betrat. Der Nebel in Edinburgh war schon immer ungemein dicht, aber heute war es extrem schlimm. Selbst seine ausgebildeten Augen konnten nicht mehr erkennen, wo er eigentlich war, und als Detektiv war ihm das fast schon selbst peinlich. Es fühlte sich einfach ungemein komisch an, wenn man durch den Nebel lief, und nicht mal die Laterne ausmachen konnte, die zwei Meter vor einem selbst wartete. Er wäre fast gegen die alte Laterne gelaufen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er sich in einem der zwielichtigsten Viertel der schottischen Hauptstadt verlaufen hat, und seine typische Detektiv-Kleidung wohl nicht ganz hier her passte.
    Doch Moment, war er an diesem Geschäft nicht vorbeigekommen, als er der Gestalt gefolgt war? Das Schild, dass schon halb abgeblättert war, und das nur noch von einigen alten, verrosteten Nägeln gehalten wurde, gehörte doch zu einem alten Freund von ihm, der inzwischen unter dem Decknamen Juwelen-Joe bekannt ist. Und das zu Recht: der berüchtigtste Hehler, der momentan unter den Schotten wertvollen, oder auch gefälschten, Schmuck verkaufte. Und das nicht gerade billig. Doch mit diesem Anzug konnte er sich dort nicht sehen lassen, Freundschaft hin oder her. Das würde nur Missvertrauen einbringen, und trotzdem war sein Ziel, ein bisschen mehr über die „andere“ Seite von Edinburgh zu erfahren – und wer war dafür besser geeignet als der bekannteste Hehler ganz Schottlands, wenn nicht sogar des ganzen britischen Reiches?

    ...

    Ha, er wusste es! Irgendwann musste er ihn besuchen kommen. Ihn, Juwelen-Joe, oder auch, wie ihn Benedict nannte, Johann. Ben und er waren bis zu ihrem Abschluss unzertrennliche Freunde gewesen. Als er jedoch verriet, welche Absichten er nun hatte, musste ich mich einfach von ihm trennen. Es war gefährlich, einen Freund zu haben, der bei Scottland Yard arbeitet, gerade bei meinem Beruf. Doch was wollte er von ihm? Sie hatten seit 20 Jahren keinen Kontakt mehr gehabt, und dachte er jetzt, er wollte mit ihm reden? Wie er da stand. Kannte sich hier nicht aus. Was tat er überhaupt hier? Hat er den dichten Nebel mit seiner Schnüfflernase nicht bereits vorausgesehen? Und wie er sehnsüchtig auf diese beschlagene Fensterscheibe blickt. Aber diese Freude werde ich ihm nicht machen! Aber selbst, wenn ich bis ans Ende der Welt reisen muss – ich werde ihm dennoch entkommen.

    ...

    Nun, da er endlich weiß, wo er lang zu gehen hatte, ging er in einem schnellen Laufschritt, den er fast schon als Rennen bezeichnet hätte, gen Osten. Er wusste, dass es nicht schwierig werden würde, Johann um den Finger zu wickeln. Oder kannte er ihn doch nicht mehr so gut, nach den vielen Jahren, die sie getrennt gelebt haben? Haben die Diebeszüge und diverse Handlungen ihn zum Negativen verändert? Doch darüber wollte er gar nicht nachdenken, denn er selbst hatte sich immer als Optimist bezeichnet, und so wollte er auch immer das Beste über Johann denken. Auch, wenn es mehr als unmöglich wäre. Die Straßen wurden nur spärlich von Laternen beleuchtet, doch trotzdem konnte man jede Einzelheit an den Wänden der Häuser oder auf den Bürgersteigen sehen. Da sich der Nebel inzwischen wieder gelegt hat (was Benedict äußerst spanisch vorkam, aber es heißt ja immer, dass etwas so schnell geht, wie es kam) und so hatte er eine perfekte Sicht auf das wundervolle Schloss auf dem hohen Berg, dessen Name niemand kannte. Höchstwahrscheinlich, weil die Burg genau so alt ist wie die Stadt Edinburgh. Keiner kannte ihren richtigen Namen. Schottland ist sowieso ein seltsames Land, sagte sich Ben, und freute sich auf die Wärme und Geborgenheit im Hause seiner Eltern. Er würde sich sofort schlafen legen, das war ihm klar.
    Last edited by Endeavor; 18.08.2009 at 18:50.

  2. #2
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    Default AW: Die Chroniken von Schottland - Prolog

    Der Anfang gefällt mir, guter Schreibstil und auch die Idee ist schön.

    Solltest du die Geschichte weiter fortführen wollen, würde ich sie wohl regelmäßiger lesen. Also schreib.





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  3. #3
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    Default AW: Die Chroniken von Schottland - Prolog

    1. Black Henry

    Es klingelte an der Tür. Manche Leute sind echt nicht klug genug, um die deutliche, große Aufschrift auf dem etwas vergilbten (das musste ich zugeben!) Schild zu lesen: „Geschlossen“. Manche Diebe konnten eben nicht lesen. Ein großer Nachteil. Auch, wenn das jetzt ziemlich selbstverliebt klingt, ich bin der einzige Hehler, der fließend Englisch, Deutsch, Französisch und Polnisch sprechen kann. Ein enormer Vorteil, bei der hohen Ausländer-Quote hier in Großbritannien. Gutmütig, wie ich bin, öffnete ich ihm also die Tür, und war überrascht, als ich einen guten alten Freund wieder sah – Ben. „Ähm, hallo, Ben“, antwortete ich so überrascht wie ich konnte, doch an dem Gesichtsausdruck meines alten Freundes erkannte ich, dass er mir diesen Ton nicht abnahm. Ein Detektiv musste so etwas eben können. „Hallo Johann, hast du viel Zeit oder musst du wieder... Waren verticken?“. Ich antwortete gereizt: „Ja sicherlich. Wenn DU da bist, werde ich das auch tun!“, und mit diesen Worten machte ich das Wandlicht aus (was keinen Unterschied machte, da es nur sehr wenig Licht gab) und führte Benedict in einen Nebenraum. Ich zog einen schwarzen Vorhang zu, der das Licht, das von dem Nebenraum ausging, nicht herausdrang. „Jetzt wird uns keiner mehr stören“, antwortete ich erklärend auf die zweifelnde, abschätzende Mimik, mit der Ben mich ungemein neugierig musterte. „Gut, kommen wir zurück zu meinem Anliegen. Da du die Welt hier kennst –„ Aha. Darauf musste es ja nun hinauslaufen. Dieser kleine Schnüffler. Aber von mir bekommt er keine Informationen. Obwohl. Ich könnte ihm ja ein paar falsche unterjubeln. „würde ich gerne ein paar Informationen über einen gewissen Black Henry haben“. Black Henry? Den kenne ich nicht einmal! Und das muss schon was heißen. Ben bemerkte, dass ich nichts über ihn wusste, aber er blieb hartnäckig: „Da er eine Akte bei der Polizei hat, MUSST du doch etwas von ihm wissen!“. Das stimmte. Obwohl ich keinen Einblick auf die Akten der Verbrecher hatte, wusste ich doch mehr über sie selbst und ihre Verbrechen als die Schnüfflergemeinschaft. Aber von einem Black Henry habe ich noch nie etwas gehört. Höchstwahrscheinlich so ein Kleinkrimineller.
    „Gut, wenn du nicht reden willst, du musst es nicht – aber vergesse nicht, dass dieser Besuch hier rein privat war, und du ihn nicht gegen mich verwenden kannst“. Was denkt er von mir? Das ich ein Prozesshansel wäre? Wenn ich das wäre, würde ich schon längst hinter schwedischen Gardinen sitzen. „Gut, auf Wiedersehen. War schön, dich mal wieder zu sehen“, sagte ich automatisch, ging aus dem Nebenraum und öffnete ihm abrupt die Tür. „Tschüss“, antwortete er nur knapp. So ein undankbarer Kerl. Aber gut, dass er schnell wieder gegangen ist. Er hatte noch einen sehr wichtigen Termin – der ihm selbstverständlich sehr viel Geld einbringen würde. Es wurde langsam kalt, und er zog sich eine Jacke an. Danach trat er aus dem Geschäft und ging die düsteren Straßen des „dunklen“ Viertels entlang, immer darauf bedacht, dass ihm keiner folgte.

    ...

    „Aus diesem Gespräch wurde ich nicht schlauer“, murmelte Ben enttäuscht. Seine Frau hatte ihm inzwischen etwas zu Essen gekocht, und sah ihn mitleidig an. Sie fühlte, dass ihm etwas nicht behagte, aber er konnte nicht erklären, was es war. Dieser Henry steht in der Polizei-Akte, als Strafdelikte Diebstahl und Körperverletzung, warum kannte gerade Johann diese Person nicht? Ben wusste nicht mal, ob Henry eine Staatsmitgliedschaft in Großbritannien hatte. Es gab einfach zu viele Henrys in England. Und wenn er davon ausging, dass er kein Staatsbürger wäre, würde er ihn auch nie aufspüren. Er tappte im Dunkeln. Das war auch früher manchmal so, aber es gab immer eine Spur, die weiterhalf, und diese Spur konnte er hier, bei diesem Fall, und beim besten Willen, einfach nicht finden. Da half ihm auch sein starker Instinkt nichts.
    Last edited by Endeavor; 18.08.2009 at 18:49.

  4. #4
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    Default AW: Die Chroniken von Schottland - Teil 1

    Gefällt mir sehr gut, mich stört nur die Wortwiederholung "dunkel" im ersten Satz.

    Macht spaß, es zu lesen

  5. #5
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    Default AW: Die Chroniken von Schottland - Teil 1

    Spannend, jetzt stellen sich mir natürlich verschiedene Fragen:

    - Wer ist Henry?
    - Was verspricht er sich davon diesen Henry zu finden?
    - Wie haben die zwei sich in ihrer Jugend kennengelernt?
    - Wie konnten die zwei sich nur so gegensätzlich entwickeln?
    - Wie geht es weiter?

    Und ganz wichtig: Was haben die Illuminaten damit zu tun?

    Bleib dran!





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  6. #6
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    Default AW: Die Chroniken von Schottland - Teil 1

    2. Der Griff des Todes

    Ich bin mir nicht sicher. Welche Abzweigung sollte ich nehmen? Verflixt, warum hat man noch keinen Plan für dieses Viertel angelegt? Warum sollte die Stadtgemeinde? Hier wohnen doch eh nur Diebe und Betrüger, und wenn sie einen schicken würden, der so einen Plan aufhängt, dieser wird wohl nie mehr Tageslicht sehen. Dafür sorgen die „Bewohner“ dieses Viertels. Es durchfuhr mich wie ein Blitz, als ich endlich wusste, wo ich hin wollte. Black Henry. Erst nach dem Gespräch mit Ben erinnerte er sich daran, wo er ein Schild mit dieser Aufschrift gesehen hatte. Es war versteckt für neugierige Augen, in der Mitte des gesamten Viertels. Black Henry war kein einzelner, sondern eine ganze Gemeinschaft. Sie waren, glaube ich, für Schwarzmarkthandel verantwortlich. Ziemlich unseriös im Gegensatz zu meinem Beruf, will ich behaupten. Doch Moment: haben sie ihr Geschäft nicht vor mehr als drei Jahren geschlossen. Ich befinde mich auf der falschen Spur! Doch diese Erkenntnis kam mir zu spät – etwas hinter mir bewegte sich, es machte laute, rasselnde Atemzüge und bemühte sich nicht, sich zu verbergen. Bevor meine wie gelähmten Glieder losrennen konnten, sich verstecken konnten, hatte mich jemand geschnappt und zu Boden geworfen. Ich blickte in ein hässliches Gesicht. Viele Narben zierten es, viele gelbe Zähne, und giftgrüne Augen. Ihm fehlten die Augenlieder, und Haare hatte er auch keine mehr. „Bürschchen, was suchst du hier? Ist es hier nicht zu gefährlich für einen Milchbubi wie dich?“. Das letzte, was ich spürte, war ein enormer Schlag ins Gesicht. Ich fiel in Ohnmacht, sah nur noch schwarz.
    Ich schlug wieder meine Augen auf, und fand ich mich immer noch auf dieser Straße wieder. Gesprächsfetzen drangen an mein Ohr: „Nein, lieber nicht..“, „Was hast du getan!“, „... wenn sie uns erwischen!“, „wenn er Petzen geht!“. Wumm. Wieder ein Schlag. Es schien so, als stürze ich in ein tiefes Loch, immer weiter und weiter. Meine Augen tränten, ich schloss sie, aber bekam sie nicht mehr auf. Ich schrie um Hilfe, aber was ich erntete, war ein weiterer Schlag, diesmal tat er viel mehr weh, ich fühlte noch, wie ich auf den nassen, matschigen Boden fiel, wie mein Gesicht mit Dreck vollgespritzt wurde, aber mehr nicht. Ich machte die Augen auf, aber sah nur noch weiße, schemenhafte Umrisse. War ich tot? Warum fühlte ich keinen Schmerz mehr? Wie viel Zeit war vergangen? Oh, wenn er doch nur ein paar Antworten auf diese vielen Fragen kannte, die ihm momentan im Kopf herumschwirrten. War er einfach nur blind? Nein, dann würde er etwas hören. Er fühlte seinen gesamten Körper nicht mehr, ihm war, als müsste er sich übergeben, aber er konnte seinen Mund nicht öffnen. Ich war tot. Und nichts konnte das ändern. Mir konnte keiner mehr helfen. Mir wurde kalt, ich fühlte mich so federleicht, als würde ich fortschweben. Und doch, mein Körper hebte sich an, immer höher und höher, bis ich das Gefühl hatte, ich könnte den Mond berühren, und langsam, sehr langsam löste sich mein Körper auf, es tat nicht weh, es war sogar fast entspannend. Es kitzelte ein wenig. Jetzt weiß ich, wie es sich anfühlte, tot zu sein. Und ich könnte mich sicherlich daran gewöhnen. Eine weiße Gestalt tauchte vor mir auf, genau so schemenhaft wie vorhin die Gestalten, als ich von meiner Ohnmacht aufwachte. Mit leiser, säuselnder Stimme flüsterte mir die Gestalt ins Ohr: „Hab’ keine Angst. Ich tue dir nichts. Folge mir in das Paradies.“. Es war verlockend, doch moment, hatte ihm Benedict nicht erzählt, dass man auch als Geist weiter leben könnte. „Ähm, entschuldigen sie, kann ich nicht auch als Geist weiterleben?“. Die leise Stimme antwortete ruhig und erklärend: „Glauben sie mir. Das wollen sie nicht“. Und damit schwebte sie vorraus, und ich folgte ihr ohne weiteren Wiederspruch. Ich genoss den Tod. Er verführte mich. Ich konnte mich nicht wehren. Mir wurde wieder warm, und mir wurde bewusst – jetzt war ich wahrlich im Paradies gelandet.
    Last edited by Endeavor; 18.08.2009 at 18:48.

  7. #7
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    Default AW: Die Chroniken von Schottland - Teil 2

    Jo, ganz interessant, liest teilweise aber merkwürdig^^ Vor allem gab es mal ein Wechsel von Gegenwart und Vergangenheit im Text, sollte das so sein?

    Ansonsten eigentlich interessant die Geschichte aus bestimmten Perspektiven erzählen zu lassen.

    Das Ende fand ich irgendwie seltsam, aber mal sehen was sonst noch so geschieht^^

  8. #8
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    Mir gefällts
    Aber wei Pummeluff gesagt hat.. manchmal etwas merkwürdig zum Lesen ^^

    Weiter so
    Blubb

  9. #9
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    3. Die Nachricht / Das Paradies I

    Die Nachricht von Johanns Tod erreichte Benedict erst am nächsten Tag. Es schockte ihn, dass die Täter noch nicht identifiziert worden sind, und vor allem, dass es so enden musste. Okay, es war nicht anders zu erwarten, bei seinem Geschäft und seinem Wohnort, aber musste es so schnell passieren. Aber das merkwürdigste an der gesamten Geschichte war, dass sein Tod kurz nach ihrem Gespräch passierte. Es fröstelte ihn. Hatte es etwas mit Black Henry zutun? Hatte er etwas herausgefunden, was er gar nicht hätte herausfinden sollen? Es fröstelte Ben bei diesem Gedanken, also vertrieb er ihn wieder schnell aus seinen Gedanken und widmete sich wieder voll und ganz seinem Brötchen und der Zeitung. Doch auch das gelang ihm nicht lange, denn es klingelte an der Tür. Ben seufzte auf: „Kann man nicht mal in Ruhe Zeitung lesen?“, trotzdem schritt er langsam zur Tür, aber es erwartete ihn nicht der Briefträger, sondern, nun, wie sollte er sagen, nichts. Er war drauf und dran, die Tür zu schließen, als ihm der Brief auf dem Vorleger auffiel. Ein roter Umschlag ließ ihn wichtig aussehen, und der Empfänger wurde mit grünem Stift geschrieben. Wer könnte ihm nur so einen geheimnisvollen Brief geschrieben haben?
    Wieder in der Küche angelangt, öffnete er den Umschlag behutsam, und ein kleines Papier rutschte aus dem Umschlag heraus. Ben las die Worte mehrmals durch, und es durchfuhr ihn mehr und mehr Angst, und jetzt wusste er, wie erschrocken Johann gewesen sein musste. Denn mit normalen, schwarzen Lettern stand dort geschrieben:
    “Na, du super Detektiv, schon die Zeitung gelesen? Jaah, dein alter Freund Joe ist von uns gegangen. Und wie leid es uns tut. Ich bin Black Henry – besser gesagt, wir. Wenn du uns treffen willst, dann komm in unser dunkles Viertel, wir sind immer in Joes Laden.“.
    Konnte er das glauben? Musste er da hin? Ja, das musste er. Es gab keine andere Lösung, und er wusste, dass es die einzige Chance wäre, Black Henry kennen zu lernen. Andererseits: sie hatten Johann getötet, würden sie ihn in Ruhe lassen? Dieses Risiko war einfach zu groß, aber trotzdem, der Reiz, den Fall zu klären, steigerte seinen Willen, auf dieses Treffen einzugehen, und seine Finger kribbelten bei dem Gedanken einer Beförderung nach Abschluss des Falls. Wenn er die Beförderung überhaupt noch miterlebte.

    ...

    Endlich konnte ich wieder sehen. Es war ein tolles Gefühl. Das Wesen, das ihn hierher gebracht hatte, lächelte ihn an, und das Gefühl, Wasser in den Augen zu haben, schwand sofort. Ich dankte diesem Wesen, dass, obwohl ich wieder richtig sehen konnte, nicht scharf war, sondern richtig aussah wie ein Geist, so durchsichtig und geheimnisvoll. Doch als ich wieder sehen konnte, hätte ich mir gewünscht, wieder unscharf zu sehen, denn es gab so viel Blickfänge, alles leuchtete, und das grelle Sonnenlicht stach mir so ins Auge, dass ich öfter blinzeln musste, um alles anzusehen. Auf dem hohen Hügel, auf dem wir standen, konnte man das gesamte Land, das sie Paradies nannten, sehen. Kein Hügel, keine Hütten, nur Bäume, anderweitige Pflanzen und Betten unter dem freien Himmel. „Hier ist nur schönes Wetter“, erklärte der Geist mir, als ich die Betten unter dem blauen, wolkenlosen Himmel näher betrachtete. „Mein Name ist Jenny, und ich bin der Wegweiser des Paradieses. Ich lebe seit 2.000 Jahren hier, und freue mich, dich hier zu begrüßen.“.
    Ich nickte freundlich, und das geistähnliche Wesen löste sich in Luft auf. Sie war also doch ein Geist. Diese Erkenntnis machte ihm einerseits Angst, aber andererseits war es beruhigend. Er wusste auch nicht, warum. Ich rutschte eine lange Rutschbahn aus sehr glatter Erde herunter, kreischte, wenn es scharfe Kurven gab oder er sehr schnell war, und fühlte mich wieder wie ein Kind. Wie ein Kind... ich musste an Ben denken. Er denkt sicherlich an mich, ist traurig über meinen Tod, aber ich bin es keineswegs, weil wo könnte es mir besser gehen? In dem dunklen Viertel? Nein, dort lebte ich ja nun immer in Angst. Aber etwas störte seine Gedanken. Er dachte an Ben. Als sie klein waren... das ist schon so lange her. Ihre Eltern hatten sich getrennt, und ihre Mutter hatte einen neuen Freund. Sie hatte mich verstoßen. Einfach ausgesetzt. Mir stiegen Tränen in die Augen, kalt, weil es in dieser Welt so warm war, rannen sie über mein Gesicht... Verstoßen.
    Last edited by Endeavor; 18.08.2009 at 18:48.

  10. #10
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    Es ist echt komisch zum Lesen ^^
    Manchmal hatte ich anfangs etwas Mühe D:

    Aber mach weiter
    Blubb

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