Draußen erwartete ihn For’con.
„Konnte der Fürst dir helfen?“
„Er sagte, wir müssen wieder zurück“, erwiderte Argalor verärgert.
Die Doppeltür hinter ihm flog auf.
Faral’hiol kam heraus.
„Was denn noch?“, fragte Argalor.
„Ihr müsst den Rückweg nicht mit dem Schiff antreten.“, antwortete er. „Ihr könnt das alte Teleportsystem der Hochelfen benutzen.“
For’con riss die Augen auf.
„Das alte System? Es ist also keine Legende?“
„Nein, ist es nicht.“
Argalor kam sich recht ausgeschlossen vor.
„Was soll das? Was für ein System?“
„Die Hochelfen benutzten für lange Reisen magische Steine, mit deren Hilfe sie sich von einem Ort zum anderen teleportieren konnten. Hier ist ein solcher Stein. Damit wirst du im Nu wieder zuhause sein.“
Er griff in eine Tasche seiner Gewänder und holte einen blauen Edelstein heraus, der aus eigener Kraft zu leuchten schien.
„Nimm den Stein in die Hand und spreche den Namen des Ortes, den du erreichen willst, laut aus.“
„Das ist alles?“, fragte Argalor.
„Das ist alles.“, nickte Faral’hiol. „Allerdings gibt es in eurem Land nur noch einen einzigen Ort, der mit dem alten System verbunden ist. Altkur.“
„Das passt mir gut. Dann habe ich es auch nicht weit bis zu der Festung.“, meinte Argalor.
„Gut. Nimm den Stein.“
Er drückte den Stein Argalor in die Hände.
„Viel Glück auf deiner Mission.“, sagte er noch.
Dann drehte er sich ohne ein weiteres Wort um und verschwand in dem Turm.
„Benutze den Stein.“, sagte For’con. „Wir anderen kommen mit dem Schiff nach.“
„Verstanden.“, nickte Argalor. Dann hob er den Stein auf Augenhöhe und sagte laut und deutlich: „Altkur.“
Es war ein seltsames Gefühl. Irgendetwas schien an ihm zu reißen und die Umgebung um ihn herum verschwamm in einem Wirbel aus Licht und Dunkelheit. Doch schon einige Herzschläge später bildeten sich wieder Konturen aus dem Wirbel und Argalor fand sich auf einer Wiese vor den Toren von Altkur wieder.
Argalor verstaute den Stein sorgfältig in einer seiner Taschen.
Dann machte er sich auf den Weg zu der Festung des Schwarzen Gottes.
Bereits nach wenigen Minuten erreichte er die Ebenen von Altkur und begann in nördlicher Richtung weiterzuwandern.
Es dauerte mehrere Tage, dann sah er etwas am Horizont. Es war wie eine Wolke aus absoluter Finsternis, die sich wie ein unheilbringender Nebel über das Land gelegt hatte. Furchtlos ging er auf die Wolke zu und verschwand schließlich darin.
Das Land um ihn herum war völlig ausgetrocknet und ein schwefliger Gestank erfüllte die Luft. Die schwarze Wolke war so dicht, dass nicht ein einziger Sonnenstrahl sie durchdringen konnte und so herrschte unter der Wolke ein immerwährendes Zwielicht.
In dem trockenen Gras um ihn herum raschelte es.
Argalor zog sein Schwert.
Dieses Gebiet war verseucht von der Macht der Dunkelheit, daher musste er permanent wachsam bleiben.
Langsam machte er einige Schritte.
Ein vertrauter Geruch stieg ihm in die Nase.
Der Geruch eines Untoten... eines bestimmten Untoten.
„Raziel!“, rief er. „Wo bist du?“
Aus dem Gras neben ihm trat die Gestalt des Nekromanten.
„Ich habe dir gesagt, dass wir uns wiedersehen würden.“, sagte er. „Was verschlägt dich in diese verfluchte Gegend?“
„Ich denke, du kannst Gedanken lesen.“, erwiderte Argalor spöttisch.
„Das kann ich auch. Es war nur der Versuch, eine Konversation in Gang zu bringen. Du glaubst also, dass sich dein Vater in der Nähe aufhält? Und dass er den Gegenstand besitzt, der dich von deinem Fluch heilen kann?“
„Allerdings.“
„Es wäre mehr als töricht von dir, allein in die Festung des Schwarzen Gottes eindringen zu wollen.“, stellte Raziel sachlich fest. „Ich werde dich begleiten.“
„Du wusstest von vornherein, dass ich hierher kommen würde, stimmt’s?“, fragte Argalor. „Du hast mich erwartet.“
„Na so was.“, meinte Raziel mit beinahe amüsiertem Gesichtsausdruck. „Ich dachte, du könntest keine Gedanken lesen.“
Die beiden setzten also gemeinsam ihren Weg fort. Das sie beobachtet wurden bemerkte keiner von ihnen...
„Sollten wir nicht mal eine Pause einlegen?“, keuchte Argalor nach mehreren Stunden.
„Natürlich. Mitten im Feindesland. Wenn wir nicht in Bewegung bleiben sind wir eine leichte Beute.“
Das leuchtete ein.
Argalor raffte sich wieder auf und wollte weitergehen, aber plötzlich hörte er etwas.
Ein tiefes, röchelndes Atmen.
„Vorsicht!“, schrie er.
Keine Sekunde zu früh.
Ein schattenhaftes Etwas sprang aus dem hohen Gras und Raziel konnte sich gerade noch zu Boden werfen, so dass der Schatten ihn um Haaresbreite verfehlte. Der Schatten verschwand wieder im hohen Gras.
„Was war das?“, fragte Raziel.
„Keine Ahnung. Eigentlich will ich das auch gar nicht wissen.“
Argalors Dämonensinne schlugen plötzlich Alarm.
„Verdammt!“
„Was ist?“, fragte Raziel.
„Wir sind umzingelt.“
Kaum hatte Argalor ausgesprochen, da tauchten um sie herum mindestens zehn der schattenhaften Kreaturen auf und kamen langsam näher.