Kapitel 4
Grausame Wahrheit
Aufrechten Ganges betrat er den Kampfplatz, der sich in der Mitte des Kolosseums befand, umringt von der Tribüne, die schräg nach oben verlief, um den Zuschauern einen guten Blick auf den Kampfplatz zu bieten.
Die Gesichter der Massen waren zu anfangs gespannt, doch nun schienen sie wieder gelangweilt oder enttäuscht.
"Ich erfülle ihre Erwartungen wohl nicht" dachte er sich, und lies seinen Blick durch das Kolosseum schweifen. Sein Blick blieb auf eine Gestalt ruhen, die in der Mitte des Kampfplatzes stand.
Die Statur der Gestalt war die eines Jünglings, der gerade mal die Ausbildung eines Soldaten begonnen hatte. Er hatte eine Rüstung, ganz in schwarz angelegt, die von der Brust bis zu den Beinen führte. Sein Kopf war ungeschützt, so das man sein Gesicht erkennen konnte.
Seine Haare waren schwarz, wie seine Rüstung, die bis zu seinen Schultern reichten.
Er näherte sich der Person, seine Schritte wurden immer schwerer. Nur schwer konnte er seine Gefühle im Zaum halten. Schon so viele Male hatte er sie im Traum gesehen. Und jedes mal erwachte er schweißgebadet mit schreckensweiten Augen.
Es war immer der selbe Traum mit dem selben, schrecklichen Geschehen.
Nacht für Nacht sah er seinen Sohn sterben, mit einem Blick voller Verzweiflung und Angst.
Und der Mörder seines Sohnes sah in an, mit einem Grinsen, gleich dem eines Dämonen.
Nun stand er ihm gegenüber, angesicht zu angesicht. Das Gesicht glich eher dem einer jungen Frau. Seine Haut war makellos, und von reinem weiß durchzogen. Seine Haare hingen ihm ins Gesicht, so dass eine Hälfte völlig verdeckt war. Seine Augen schienen kaltblütig und mordlustig.
Eine quälend, lange zeit verstrich, ehe Kilmirro ihn mit lauter Stimme fragte:
" Werter Kämpfer, wieso begehrst du meinen Tod?"
Diese Frage stellte Kilmirro jedem seiner Gegner, um die Reaktionen und Antworten des Gegners und das der Massen zu sehen.
Seine Antwort kam prompt, wusste er doch genau, wieso er hier war.
" Aus Rache"
sagte er kurz und knapp, mit einer zornigen, doch ruhigen Stimme.
In Kilmirros Gesicht konnte man ein gewisses Interesse erkennen. Für ihn war die Antwort wohl ungenügend und er begann weiter zu fragen
" Was ist der Grund deiner Rache? Was hab ich dir angetan?"
Kilmirros Stimme war tief, wie die eines Mannes im mittleren Alter, doch gleichzeitig weich, und auf beunruhigende Art, beruhigend.
" Ich kämpfe heute hier, da du meinen Sohn getötet hast."
Er schwieg kurz, er kam den Tränen wieder nahe, dies alles schmerzte ihn sehr. Doch gleichzeitig stieg sein Zorn und seine Stimme wurde lauter, bis sie schließlich dem Donner eines Blitzes gleichkam.
" Du hast nicht nur ihn getötet, sondern seine und auch meine Familie, wie auch viele Familien zuvor. Armut und Hunger hast du zu verschulden. Neue Krankheiten haben sich entwickelt, täglich sterben Leute an ihren Erkrankungen. Heute bin ich hier, um dir Einhalt zu gebieten, damit niemand mehr so leiden muss, wie meine Familie."
Ein Tuscheln und Raunen machte seine Runde. Das Kolosseum war erfüllt von den Stimmen der Massen.
Kilmirro grinste schelmisch, sichtlich erfreut über die Reaktion seines Gegners.
Er erhebte seine Arme, und die Massen waren plötzlich ruhig. Erschien es gerade, wie ein lebender Ort, so hatte es jetzt wieder die Atmosphäre eines gut besuchten Friedhofs.
Kilmirro ließ seine Arme wieder sinken, und eröffnete den Kampf mit folgenden Worten:
" Werter Kämpfer, deine Gefühle sind bitter und voller Zorn. Damit gibst du mir die Hoffnung auf einen langen und guten Kampf. Enttäusche mich nicht und unterhalte mich gut."
Dann zog Kilmirro sein Schwert und hielt es hoch in die Lüfte, und mit lauter, feierlicher Stimme sprach er:
" Möge der erste Kampf des Tages, um das Schicksal dieser Welt beginnen"
Aufgeregt setzte er einen großen Schritt zurück, um Abstand zu Kilmirro zu bekommen, der gerade seine Schwert sinken ließ, bis die Klinge seines Schwertes, auf der selben Höhe war, wie sein Gesicht.
Er griff mit seiner rechten Hand an seine Hüfte und zog sein Schwert aus der Scheide. Dieses Schwert gehörte einst seinem Sohn und es war das beste seiner Art. Ein Langschwert, mit solch einer Schärfe, dass man mit Leichtigkeit durch das Fleisch eines Ebers schneiden konnte. Und heute würde er es dazu benutzen, Kilmirro zu töten.
Das Schwert in der Hand gab ihm die Sicherheit, die er benötigte um ruhig seine Angriffe ausführen zu können. Jeder Leichtsinn könnte ihm seinen Kopf kosten.
Das Schwert Kilmirros war ein einfaches Kurzschwert. Nicht das schwarz schimmernde, mit welchem er seinen Sohn getötet hatte.
Er würde ihm keine Chance geben, dieses Schwert herbeizuzaubern, denn dies wäre sein Ende.
Er setzte nun zum Angriff an, schnellen Schrittes bewegte er sich auf Kilmirro zu, der immer noch still stand und keine Anzeichen machte sich zu bewegen.
Sein Schwert schnellte nach vorne und ein Hieb, der auf die Brust Kilmirros zielte, wurde gekonnt von ihm, mit seinem Schwert, den er nun schützend vor sich hielt, abgewehrt. Gleichzeitig setzte Kilmirro zum Angriff an, mit einem vertikalen Seitenhieb. Diesen Schlag wurde abgewehrt, indem er sein Schwert dagegen hielt. Nun folgte ein Hieb nach dem anderen, der erste zielte, mit vertikalen Hieb, auf Kilmirros Hals, der mit dem Schwert abgewehrt wurde, darauf folgte eine Drehung mit einem, wieder vertikalen Hieb, der auf dem Kopf zielte. Kilmirro setzte, um den Hieb auszukontern, einen Sprung nach hinten um sofort wieder nach vorne zu schnellen und mit dem Schwert in die Brust des Gegners zu stoßen, welcher nach rechts abdriftete um den Schlag auszuweichen, und konterte, indem er sich drehte und so einen vertikalen Seitenhieb ausführte. Der Schlag streifte Kilmirro nur,dennoch war ein tiefer Schnitt in der Brustpanzerung zu sehen.
Kilmirro schien überrascht über die Fähigkeiten des Kämpfers, die Massen selbst gröhlten dem Kämpfer zu.
Nun konnte er Kilmirro unter Druck setzten.Mit seinen schnellen und zahlreichen Schwerthieben brachte er ihn in arge Bedrängnis. Kilmirro konnte den Hieben nichts entgegensetzen, immer weiter wich er zurück.
Dann traf ihn ein Schlag auf die Brust, der ihn zu Boden warf. Durch den immensen Druck hatte seine Brustpanzerung eine riesige Delle, die nach innen drückte, und somit seinem Besitzer Schmerzen zufügte.
Der Kämpfer wollte weiter ansetzen mit seinen Hieben, als er plötzlich zum Stillstand kam. Sein gesamter Körper schien wie gelähmt. Er wusste nicht wie ihm geschah. Dann sah er Kilmirro ins Gesicht, der seine Hände gekreuzt über seine Brust hielt, das wie ein Verbotszeichen aussah. Sein Gesicht war von einem erschöpften Lächeln verziert, wie der eines Lausbuben, der etwas ausgeheckt hatte.
" Was hast du mit mir gemacht"
fragte der Kämpfer mit lautem Gebrüll.
" Nichts weiter, als dich daran gehindert weiter fortzuschreiten. Ich brauch eine kleine Pause, um wieder zu kräften zu kommen. Solange meine Hände gekreuzt sind, wirst du in der Starre verbleiben."
" Du mieser, feiger..."
Er schluckte. Seine Stimme versagte plötzlich. Seine Arme wurden schwerer und schwerer. Nach nur kurzer Zeit musste er sein Schwert, welches er im eisernen Griff hatte, loslassen.
Kilmirro setzte einen Schritt nach den anderen zurück, er sprach leise etwas, in einer Sprache,die er nicht verstand.
Dem Kämpfer war klar, das Kilmirro ihn mit seiner Magie zu dieser Hilflosigkeit verdammte. Er konnte nur zusehen, wie Kilmirro sich immer weiter von ihm entfernte. Schon bald würde er sein schwarzes Schwert hervorzaubern und neue Kräfte erhalten.
Kilmirro stand nun still, langsam löste er sein Verbotszeichen und der Kämpfer konnte sich wieder bewegen.
Ohne nachzudenken nahm er sich sein Schwert, welches er wieder heben konnte, und raste so schnell wie nur möglich Kilmirro entgegen, um ihn niederzustrecken, bevor er seine neue, wahre macht erlangte.
Währenddessen begann Kilmirro seine rechte Hand in die Lüfte zu heben, und etwas dunkles, schattenartiges sammelte sich dort.
"Nicht merh lange"
dachte der Kämpfer. Er war nur noch wenige Schritte von Kilmirro entfernt, Seine Waffe schwing er in die Lüfte und warf sie ihm entgegen mit all seiner Kraft, die er aufbieten konnte.
Kilmirro war nicht mehr in der Lage ihr auszuweichen und so traf sie ihn an der Brust und schleuderte ihn auf dem Boden. Ein großer Schnitt zierte seine Rüstung.
Das schattenartige in der Hand Kilmirros verschwand. keuchend versuchte er sich zu erheben. Der Kämpfer griff, noch in seinem Lauf, nach seinem Schwert, welches zum Glück nicht weit von ihm entfernt auf den Boden lag. Dadurch erreichte er Kilmirro, noch bevor dieser sich gänzlich erheben konnte und stieß ihn erneut zu Boden. Vor seinen Füßen lag nun der dunkle Herrscher, der die dunkle Zeit über die Welt gebracht hatte. Eine Zeit des Leids und der Qualen.
" Kilmirro, dies ist dein Ende. Nie wieder sollen andere unter dir leiden. "
schrie er laut und deutlich, so dass ihn jeder im Kolosseum hören konnte.
Die Massen schauten gespannt auf das Geschehen.
Dann setzte er sein Schwert an Kilmirros Kehle, und ein Schnitt reichte, um den Kopf abzutennen.
Da lag er nun, der regungslose Körper Kilmirros. Der hunderte von Jahren oder noch länger gelebt hatte.
Erschöpft atmete der Kämpfer aus. Es war nun endlich vollbracht. Er hatte den Tod seines Sohnes gerächt und die dunkle Zeit beendet. Er nahm das Schwert voller Wehmut, im Gedanken an seinem Sohn. Hätte er nur mehr Zeit gehabt, er wäre der beste Schwertmeister seiner Familie gewesen.
Er kehrte den regungslosen Körper von Kilmirro den Rücken zu.
Und da sah er die zwei Gestalten, ganz in weiß. Der Jüngling, welches in angesprochen hatte, fuchtelte mit seinem Armen rum. Es schien, als würde er etwas rufen, doch kein Wort erreichte ihn. Auch der ältere rief wohl irgendwas.
Er fasste mit seiner Hand an den Kopf. Auf einmal brummte ihn der Schädel.
Er ließ seinen Blick im Kolosseum schweifen. Die ganze Zeit war es ihm nicht aufgefallen, doch er hörte keinerlei Geräusche. All die Menschen, die es nicht schafften auf ihren Sitzen zu bleiben, fuchtelten ebenfalls mit ihren Armen aufgeregt hin und her.
Was war hier nur los? Wieso hörte er rein gar nichts?
Dann durchschoß ihn ein Gedanke, wie ein Blitz. Ein Zauber musste auf ihn liegen. Doch wie...
Seine Gedanken wurden jäh unterbrochen. Eine schwarze, schimmernde Klinge schaute aus seiner Brust. Mit schreckensweiten Augen hörte er die Stimme von Kilmirro:
Du hast gut gekämpft werter Kämpfer. Es hat mich einige Mühen gekostet, mich wieder zusammen zuflicken."
Ohne das er etwas sagen musste, sprach Kilmirro weiter:
" Wie dies möglich ist, fragst du dich? Ich habe nicht umsonst tausende von Jahren gelebt. Ich habe die Kunst der schwarzen Magie vervollkommt. Und du unterliegst meinem Zauber, der dich daran hindert zu sprechen, oder etwas zu hören."
Er versuchte etwas zu sagen, doch keinerlei Worte entwichen seinen Lippen.
" Du hörst mich nur in deinem Gedanken. Mit meinem Zauber habe ich mir die Kontrolle über dienen gesamten Kopf verschafft. Alles was du denkst, alles was du weißt, weiß ich auch."
Tränen rannen seinem Gesicht herunter. Alles was er wollte, war den Tod seines Sohnes zu rächen und die Welt vor einem Monster zu befreien.
" Schon bald wirst du tod sein. Doch bevor dies geschieht, möcht ich dich aufklären, wieso ich noch unter den Lebenden weile."
Langsam schob Kilmirro das Schwert aus dem Leib des Kämpfers.
Dann begann er zu erzählen
" Ich kann nicht sterben. Ich habe die Unsterblichkeit erlangt. Jeder der versuchte mich zu töten, konnte nur scheitern. So wie dein Sohn."
Er konnte Kilmirro nicht sehen, all seine Sinne versagten. Er fiel zu Boden, doch er sah Kilmirro in seinen Gedanken, sein breites, dämonisches Grinsen.
" Wieso dieses Tunier fragst du dich?"
Kilmirro schien zu lachen.
" Um meine Macht zu stärken. Du solltest wissen, jeder der durch die Klinge meines Seelenschwert stirbt, dessen Seele wird vom Schwert aufgenommen und verstärkt so meine Macht, sobald ich es in der Hand halte."
Langsam wurde es schwarz um ihn herum. Seine Augenlieder wurden schwerer. Es war schwer noch einen klaren Gedanken zu fassen. Doch eine Frage quälte ihn.
"Nein. Es gibt keinen anderen Grund. Dieses Tunier diente nur, meine Macht zu stärken. Niemals gab es die Gelegenheit, diese Welt von mir zu befreien. Doch mach dir keine Sorgen, denn bald wirst du ein Teil von mir sein, ein Teil der wohl größten Macht auf Erden."
Traurig schloß er seine Augen, Seine Kraft entwich. Was er erfuhr, quälte ihn. Sein Sohn, er musste sterben, um Teil eines Monsters zu werden.
Im Gedanken hörte er Kilmirro lachen, erfreut über die Qualen des sterbenden, bis seine Klinge ihn den Hals durchschnitt um ihn einen unwürdigen Tod zu schenken.