Kapitel 1 – The Fallen One:
Es war in einer düsteren Nacht im Jahre 1768 in Frankreich, der Himmel war von Wolken bedeckt und es regnete unaufhörlich, in einer kleinen, trostlosen Stadt im Gevaudan. Die Straßen waren vollkommen menschenleer, so als wüssten sie wer auf ihren Straßen umher wanderte. Es war ein unscheinbarer Mann, der in einem schwarzen Mantel gewandet war. An einem edlen Ledergürtel mit silberner Schnalle trug er ein Schwert, welches in einer edel wirkenden Scheide steckte, die mit unzähligen Intarsien verziert waren und die in einer Sprache geschrieben war, die schon seit Jahrtausenden kein Sterbliches Wesen mehr gesprochen hatte. Sein Gang war ruhig und sein Auftreten strahlte etwas Kühles, geradezu Unheimliches aus. Der Sturm, der diese Stadt heimsuchte und sein Unwesen trieb, störte ihn nicht, denn obgleich die Wipfel der Bäume im Winde raschelten, das Holz unter den Kräften der Natur ächzte, oder sein Haar im Winde wehte, es war ihm vollkommen gleich - er ging weiterhin zielstrebig auf sein Ziel zu.
Noch wenige Schritte und dann hätte er es geschafft. Er hatte bereits sein Ziel vor Augen: Eine von vielen billigen Spelunken, nichts Besonderes, zumindest nicht für das Unbedarfte Auge, denn wie viele andere war es eher simpel gehalten. Der Klinker war aus billigem Felsgestein, die Fenster, die aus minderwertigem Glas gefertigt waren und nur grob erkennen ließen was im Inneren des Gebäudes vor sich ging, wirkten geradezu stumpf und ließ das Licht, welches im Inneren zu brennen schien kaum durchscheinen. Auch das Schild des Gasthauses, welches mit seiner schlichten Bezeichnung ‚Gasthaus‘ kaum überzeugen konnte, war nicht mehr das Neueste und das Scharnier quietschte leise im Wind. Doch trotz dieses eher minderwertigen Eindrucks, den das Haus vermitelte, ließ er sich nicht täuschen, denn hier würde er jene Person vorfinden, die er wochenlang gesucht hatte. Vollkommen ruhig und ohne jegliche Hast ging er auf die Holztür, welche direkt unter dem Schild vorzufinden war, zu, streckte die Hand aus, ergriff den bronzenen Türgriff und hielt für einen Herzschlag inne. Seine Hand verkrampfte sich kurzzeitig.
Sollte er diesen Schritt wirklich wagen? Wenn er dieses Gasthaus einmal betreten hatte, dann gäbe es kein Zurück mehr. Doch so schnell wie sie gekommen waren, so schnell schwanden auch seine Zweifel und langsam begann sich ein grausames Lächeln auf seinen Lippen auszubreiten.
Er hatte sich entschieden.
Sanft, beinahe zärtlich drückte er die Türklinge herab und öffnete die Tür, welche knarrend aufschwang.
Was ihn in dieser Taverne erwartete war ein karg mit Tischen und Stühlen eingerichteter Raum, der aufgrund der wenigen Kerzen, die das Gasthaus spärlich erhellten und der undurchsichtigen Fenster in ein düsteres Zwielicht getaucht wurde. Die Luft war stickig, roch nach dem Gestank von Zigaretten und selbstverständlich auch nach Alkohol. Kurz rümpfte er angewidert die Nase und versuchte die ekelhaften Gerüche zu ignorieren. Weiterhin zielstrebig ging er zum Tresen und dem dort stehenden Wirt zu, der einzigen Person in diesem dreckigen Loch.
Besagter Mann putzte währenddessen ein vermeintlich dreckiges Glas und versuchte möglichst beschäftigt zu wirken, um so einen guten Eindruck beim Kunden zu hinterlassen, so schien es zumindest dem Fremden.
„Wirt, gib mir ein Wasser.“, raunte er ihm kurz zu, als er Platz an einem der wenigen Barhocker nahm.
„Ein Wasser?“, fragte der Wirt und traute seinen Ohren nicht. Ein Wasser hatte hier anscheinend noch niemand bestellt.
Der Schwarzgewandete Mann nickte nur knapp und wartete ab.
Der Hausherr aber, der bereits jetzt ein ungutes Gefühl bei diesem Fremden zu haben schien, legte das Glas und das Tuch, mit dem er versucht hatte das Glas zu putzen beiseite, und holte unter der Theke ein Glas hervor, um gleich darauf eine Flasche Wasser zu zücken und mit dessen Inhalt das Glas zu füllen. „Der geht aufs Haus, Fremder.“, murmelte er und verzog sich eiligst wieder zu seinem dreckigen Glas, um dieses weiter zu putzen. Der Fremde schaute ihm kurz nach und zog dann einen kleinen Notizblock, sowie einen Stift hervor mit dem er etwas hineinzuschreiben schien.
Währenddessen versuchte der Wirt den Fremden genauer zu begutachten . Er hatte ein schmales, wenn auch nicht unschönes Gesicht, ganz im Gegenteil. Das Gesicht war sogar von unglaublicher Schönheit und Eleganz. Es war elegant, aber auch blass. Die Nase wirkte edel, die Ohren waren leicht spitz und der Mund edel geschwungen. Wären nur nicht jene eiskalten, grausamen Augen, die das scheinbar vollkommene Bild der Schönheit zerstörten indem sie die Seele jenes Fremden offenbarten.
Der Besitzer des Gasthauses konnte sich des Eindruckes nicht erwehren den Mann von irgendwoher zu kennen. Er kam ihm bekannt vor und doch vermochte er nicht zu sagen von wo er ihn kannte. Als der Fremde jäh seinen Blick von seinem Notizblock hob und den Wirt auf einmal direkt in die Augen sah, zuckte dieser schlagartig zusammen und ließ sein Glas zu Boden fallen – es zerschellte und der Boden war mit Scherben bedeckt. Der Fremde aber lächelte ihm nur freundlich zu und für einen kurzen Moment verflog der düstere Zauber um ihn. „Wie lautet euer Name?“, fragte der Wirt zögerlich und geängstigt.
Der komplett in Schwarz gekleidete Mann lächelte den Wirt weiterhin freundlich an und erschien vollkommen harmlos, doch egal was kommen mochte, der erste Eindruck hatte für den Wirt ausgereicht, um in diesem Mann eine Bedrohung zu sehen. Er beschloss sich dieses Störenfriedes zu entledigen, irgendetwas an ihm war nicht geheuer!
Abrupt griff er unter den Tresen und zog seine stets geladenes Gewehr hervor, welches er für Fälle wie diesen (oder gänzlich andere) vorbereitet hatte. Die Waffe war mit Silberkugeln geladen.
Zielsicher richtete er die Waffen auf den nicht im geringsten geängstigt wirkenden Gast. „Verschwindet und lasst euch hier nie wieder blicken! Ich weiß weder woher ihr kommst, noch weiß ich was ihr seid, doch vermag ich zu erkennen, dass ihr nichts Gutes im Schilde führst! Verlasst sofort dieses Lokal!“
Der Bedrohte lachte spöttisch auf, sodass dem Wirt das Blut in den Adern zu gefrieren schien.
„Das ist also deine Antwort, Jean Chastel?“, flüsterte er bedrohlich und musterte den Wirt mit seinen eisblauen Augen. Voller Eleganz und Anmut erhob er sich von seinem Schemel, drehte sich um und ging auf den Ausgang der Taverne zu. Kurz bevor er aber vor der Tür stand, drehte er sich noch eimal um und schaute den Wirt erneut in die Augen, woraufhin dieser kurz zusammenzuckte. „Wir sehen uns bald wieder, das verspreche ich euch.“, zischte er und ging mit einem dämonischen Lächeln auf den Lippen aus dem Haus in die finstere Nacht hinaus.
Kapitel 1 Ende